Der Kampf der künstlichen Intelligenzen Marc Ruef | 01.09.2008 Seit jeher interessiere ich mich für Roboter. Dabei steht für mich weniger der mechanische Teil, sondern viel eher der logische Aspekt im Mittelpunkt. Mich interessiert, wie durch eine Maschine das Denken und Handeln eines Menschen nachgebildet werden kann. Dies nicht aus Gründen der Liebe zur Maschine, sondern wegen der Liebe zum menschlichen Denken. Nichts scheint mit einer derartigen Vielschichtigkeit und Komplexität daherzukommen. Durch meinen Chatbot M4 (http://www.computec.ch/mruef/?s=chatbot), der längerfristig als Expertensystem für Fragen zum Thema Computersicherheit funktionieren soll, habe ich einen weiteren Schritt gemacht, mich mit der Funktionsweise und Verknüpfungen menschlicher Aktionen auseinanderzusetzen. Die gegenwärtige Version versuch die Fragen des Benutzers wahrzunehmen und in intelligenter Weise darauf zu reagieren. Im besten Fall wird damit ein durchdachtes und für den Anwender nützliches Beratungsgespräch möglich. M4 knüpft dort an, wo ich im Jahr 2001 mit der ersten Implementierung eines Chatbots aufgehört hatte. Dabei sollen nicht nur statische Reaktionen umgesetzt werden, sondern ebenfalls individuelle Gesprächsverläufe miteinbezogen werden. Der Chatbot reagiert also auf das Gesagte in unterschiedlicher Weise. Damit wird quasi der Indeterminismus der menschlichen Gefühlslage nachgebildet. Durch verschiedene Verfahrenstechniken habe ich schon so manchen menschlichen Gesprächspartner verblüffen lassen. So ist M4 in der Lage den Gesprächsverlauf aufzuzeichnen und sich auf bestimmte Diskussionspunkte zu beziehen. Um dies durchsetzen zu können, muss quasi eine Protokolldatei des Dialogs angelegt werden. Um die Implementierung des Chatbots zu verbessern, schaue ich in regelmässigen Abständen die Logs durch. Da finden sich vielerlei Interessantes, Spannendes und natürlich auch Lustiges! Ein Skizze meiner Erkenntnisse möchte ich hier gerne vortragen. Der Gesprächsverlauf unterschiedlicher Besucher ist oftmals ähnlich. Zuerst wird der Chatbot höflich begrüsst. Dass dieser ebenso zurückgrüsst ist nicht weiter verwunderlich. So versucht man halt dann durch eine einfache Frage ein Gespräch in Gang zu kriegen. Das Fragen nach dem Befinden oder das Vorstellen der eigenen Person führt dazu, dass ein erster individuell erscheinender Informationsaustausch stattfindet. Die meisten Leute sind schon hier verblüfft, dass eine scheinbar stumpfsinnige Maschine in derartig menschlicher Weise reagieren kann. Beispiel: command16:31:41 84.61.x.x: hallo 16:31:42 Chatbot M4: Guten Tag. 16:31:51 84.61.x.x: ich heisse Thomas 16:31:53 Chatbot M4: Freut mich Dich kennenzulernen, Thomas. 16:31:59 84.61.x.x: wie gehts dir? 16:32:01 Chatbot M4: Soweit, sogut. 16:32:12 84.61.x.x: was ist nmap? 16:32:16 Chatbot M4: Der Begriff nmap ist eigentlich eine Abkürzung für "Network Mapper"./command Nachdem sich weiter ein bisschen beschnüffelt wurde, versuchen die meisten Besucher durch komplexe, lückenhafte, fehlerhafte oder inkonsistente Fragestellungen den Bot aus dem Konzept zu bringen. Es scheint, als wolle man einerseits herausfinden, wie das System funktioniert. Und andererseits will man seine eigene menschliche Überlegenheit demonstrieren. Indem M4 eine mehrstufige Analyse des Gesagten unter Berücksichtigung einer dynamischen Fuzzy-Logic durchführt, kann er auch auf schwierig zu verstehende Aussagen richtig reagieren. command12:23:51 141.4.x.x: was ist Sicherheit 12:23:52 Chatbot M4: Ich weiss leider nicht, was Sicherheit ist. 12:23:56 141.4.x.x: warum? 12:23:57 Chatbot M4: Warum nicht? 12:24:02 141.4.x.x: du bist blöd 12:24:07 Chatbot M4: Dann hab ich Dich also richtig verstanden. 12:24:17 141.4.x.x: du bist schwul 12:24:21 Chatbot M4: Der Begriff "Computerprogramm" ist ein Neutrum. Und ich stehe weder auf Männer noch auf Frauen. Ergo: Nein. 12:24:21 141.4.x.x: lol 12:24:22 Chatbot M4: Das amüsiert mich auch./command Ironischerweise führt ein guter Chatbot die gleichen Fehlbarkeiten wie ein echter Gesprächspartner mit sich. Missverständnisse sind auch bei alltäglichen Gesprächen keine Seltenheit. Und manchmal weiss man halt gewisse Sachen nicht. Ein Chatbot, der immer richtig reagiert und sich keine Fehler erlaubt, wird damit schnell unglaubwürdig. Um einen Turing-Test vollständig zu bestehen, muss man also auch den fehlenden Perfektionismus des Menschen berücksichtigen. Wer weiss, vielleicht kann eine zukünftige Version von M4 in der Hinsicht überzeugen.