Komprimiertes Denken Marc Ruef | 26.01.2009 Vor einiger Zeit habe ich bei TV Total den jungen Gedächtnisweltmeister Konstantin Skudler gesehen (http://www.youtube.com/watch?v=sEldFDHfJVw) (09.12.2008), der durch überragende Leistungen im Auswendiglernen begeistern konnte. Innerhalb von 20 Minuten sollte er sich eine schier unendlich lange Zeichenfolge - bestehend aus 0 und 1 - merken. Ein blindes Rezitieren dieser verblüffte das Publikum. Eher untypisch für Stefan Raab bemühte er sich im darauf folgenden Interview darum, die Herangehensweise seines Gastes zu verstehen. Den angewendeten Prozess möchte ich hier gerne vortragen und studieren. Gehen wir davon aus, dass die auswendig zu lernende Zeichenkette wie folgt beginnt: code101001110010111.../code Schon als der Junge die Zahlen zu rezitieren begannt, fiel mir auf, dass er jeweils Bläcke zu jeweils drei Ziffern bildete. Er listete sie also wie folgt: code101, 001, 110, 010, 111, .../code Er sagte, er würde einen jeden Dreierblock als eigenständige Information behandeln. Dabei wandelt er die dreistellige Binärzahl in eine Dezimalzahl um. Eine jede Position hat ihre klare Wertigkeit. Die erste Stelle ist 4, die zweite 2 und die dritte 1. Wird eine Position mit 1 besetzt, wird ihre Wertigkeit addiert. Der erste Block wird wie folgt umgewandelt: code101 (Binärdarstellung) => 4+0+1 (Wertigkeit) => 5 (Dezimalresultat der Addition)/code Die ursprüngliche Zahlenreihe in Binärrepräsentation wird nun wie folgt als Dezimalzahlen dargestellt: code5, 1, 6, 7, .../code Es ist zu beobachten, dass die Zahlenreihe ursprünglich in ihrer binären Darstellung 15=4*3 Zeichenen enthielt, jetzt jedoch in der dezimalen Darstellung nur noch mit 4=4*1 Zeichen auskommt. Damit wird quasi eine Kompression der Informationen erreicht. Sodann ergeben sich auf der Basis von 2^3 Dezimalzahlenzahlen im Bereich von 0 (000) bis 7 (111). Es können nun als Substitution der Information einfacher zu merkende Bilder vorgesehen werden. Zum Beispiel könnte 5 ein Apfel sein, 1 ist ein Haus, 6 ist eine Katze und 7 ist ein Fahrrad. Die neu zu merkende Symbolreihe gestaltet sich dann wie folgt: codeApfel, Haus, Katze, Fahrrad, .../code Neben der Kompression wird also auch eine Normalisierung verwendet, die das Merken der Zahlenreihe stark vereinfacht. Hat man sich die Symbolfolge gemerkt, kann man diese wieder umwandeln. Aus dem ersten Objekt wird damit: codeApfel (Objekt) => 5 (Dezimalzahl) => 101 (Binärzahl)/code Das Merken langer Zeichenfolgen ist also relativ einfach, kann man einen möglichst effektiven Algorithmus anwenden. In diesem Beispiel wird mit Dreierblöcken gearbeitet, wodurch eine Binärreihe von 156 Zeichen nur noch das Merken von 52=156/3 Objekten erfordert. Wird jedoch mit Viererblöcken gearbeitet, muss man sich gar nur noch 39=156/4 Objekte merken. Jedoch wird die Komplexität auf der Ebene der Umwandlung Dezimal/Binär sowie die Anzahl der Substitutionsobjekte auf 16=2^4 erhöht. Die Definition der Blöcke bestimmt also die Distribution und Schwerpunkte der Aufgaben. Geht man also systematisch an diese Sache heran, kann man verblüffende Resultate erzielen. Dies schmälert natürlich nicht die Leistung der Leute, die sich die Mühe machen derlei Gehirnsport zu trainieren. Ich selbst kann mir wohl doch nur ein paar wenige Symbolfolgen merken. Das Umwandeln von Binärzahlen und das Substitutieren von Objekten überlass ich dann doch lieber einem Computer.