Guck mal, ich bin im Fernsehen Marc Ruef | 06.10.2005 Als ich am Schreiben des Buches Hacking Intern (http://www.computec.ch/_plugins/book_menu/showbook.php?381582284X) (Data Becker, Düsseldorf, September 2002) beteiligt war, wurde ich unter anderem vom Verlag (http://www.databecker.de) angehalten, sogenannte Lesereisen zu unternehmen. Dabei treten die Autoren vor interessierten und bestehenden Lesern auf und lesen aus ihren Publikationen vor, um diese Schmackhaft zu machen. Meine Entgegnung auf diese Aufforderung war knapp und unumstösslich zugleich: "Nein. Ich schreibe, damit ich nicht reden muss." Der Verlag akzeptierte es, wenn auch nur widerwillig. Vor einigen Wochen erhielt ich im Büro einen Telefonanruf eines Fernsehjournalisten, der für das Schweizer Fensehen arbeitet. Er berichtete davon, dass sie im national ausgestrahlten Nachrichtenjournal 10vor10 (http://www.10vor10.ch) einen Bericht über die Computersicherheit in Unternehmen machen wollen. Die Firma scip AG (http://www.scip.ch) sei bei den Recherchen aufgetaucht, da wir als eine der wenigen Organisationen in der Schweiz unseren Fokus auf Sicherheitsüberprüfungen im IT-Umfeld richten. Eine derartige Zusammenarbeit ist natürlich beste Werbung für eine Firma und so willigte ich denn ein, mich in diesem Beitrag einzubringen. Die Aufnahmen, sie dauerten fast 2 Stunden, waren eigentlich kein Problem und die Journalisten waren bedacht darauf, meine Vorschläge als Experte auf dem Gebiet fachgerecht umzusetzen. Zum Schluss wurde ich gefragt, wie sie mich denn im Vorspann des Beitrags vorstellen sollen. Meine Bedingungen waren, dass ich in meinem Zusammenhang weder das Wort "Hacker" noch einen offensichtlichen Hinweis auf vermeintlich kriminelle Hintergründe sehen wolle. Derlei Dinge würden nur meinem Ruf schaden, was die Journalisten verstanden und aufgrund dessen eine unproblematische Bezeichnung ausarbeiten wollen. Ich war zufrieden; und müde vom Reden. Obschon mir das Fernsehteam sehr sympathisch war, erinnerte ich mich an einen Vorfall zurück, der sich im Jahre 1999 abspielte. Damals fing ich neu beim deutschen Sicherheitsunternehmen Biodata Information Technology AG (http://www.biodata.de) an. Als IT Security Specialist war ich dort vor allem für das "Guerillia-Marketing" zuständig. Mit Fachartikeln und Exploits sollte ich der Unternehmung in Fachkreisen einen guten Ruf einbringen - Und Advisories zu Konkurrenzprodukten sollten die Mängel in diesen publik machen. Eines Tages rief mich, aufgrund einer jüngst von mir herausgebrachten Publikation, ein Journalist von einem Radiosender in Berlin an. Er fragte mich, ob ich in einer Sondersendung zum Thema "Hacker" ein kleines Live-Interview per Telefon führen wolle. Da ich soetwas noch nie gemacht hatte und dies mit meinen beruflichen Zielen verknüpft sah, willigte ich ein. Das Interview war jedoch der echte Horror. Ich wurde angerufen und die erste Frage, die man mir stellte war: "Haben Sie schon einmal ein Computerverbrechen begangen?" Ich sagte Nein, war ich denn nicht Lebensmüde. Der Journalist hakte nach und frage, ob ich denn wenigstens schon einmal einen Computer zum Absturz gebracht hätte. Wiederum sagte ich Nein, langsam ungehalten, und fügte hinzu, dass derlei Vorgehen nichts mit Hacking zu tun hätten, so wie ich es verstehe. Mein Gegenüber wollte dies jedoch überhören und nervte weiter mit inhaltslosen Fragen, ob ich Viren programmieren könne, wie man hackt usw. Obschon ich meine, dass ich ein ausgezeichneter Stratege in psychologischer Kriegsführung bin, fehlt mir manchmal die Disziplin zur Diplomatie. Wenn mir etwas sauer aufstösst und ich mit dem Zustand nicht leben kann, sage ich das und/oder verändere ihn anderweitig. So war es dann auch, dass der Interviewer ab der vierten Frage sehr wohl gemerkt haben muss, dass er mir auf die Nerven geht. Das "Verhör" war dann auch umso schneller zu Ende. Ich wurde ohne Verabschiedung oder Dank aus der Leitung geworfen. Na ja, mir wars egal... Nach diesem Erlebnis habe ich das entscheidende Vertrauen in die Medien und Journalisten verloren. Investigativer, objektiver und fundierter Journalismus ist eine Tugend, die die wenigsten ihres Berufsstandes mit sich bringen. Die folgenden Jahre schlug ich jede Offerte für ein Interview - egal ob Schriftlich oder per Telefon - aus. Obschon ich mittlerweile meine absolute Meinung zur Problematik wieder etwas relativiert habe, bleiben die Risiken einer (derartigen) Veröffentlichung bis zum Ende unkalkulierbar. Kühne Distanz, bedachte Neutralität und unverholener Kritizismus lege ich deshalb jedem ans Herz, der sich in dieser Richtung ausleben möchte. Schön, dass das gleiche Szenario im Fernsehinterview nicht gegeben war.