Geschichten aus dem Server-Raum Marc Ruef | 31.01.2006 Die Überprüfung eines Systems kann auf verschiedene Arten stattfinden. Eine klassische Unterscheidung ist dabei auf Netzwerkebene im remote und dem lokalen Testing gegeben. Ein Remote-Testing bedeutet in diesem Falle meistens, dass die Systeme über das Internet betrachtet werden. Oftmals werden dabei Firewall- und Routing-Systeme gegeben sein, so dass die Überprüfung entsprechend schwierig und langwierig ausfallen kann. Ineffizienz pur. Das lokale Auditing ist im Gegenzug die Überprüfung vor Ort. Dies bedeutet, dass man direkt im gleichen Segment wie das Zielsystem arbeitet. Leidige Router und Firewalls können so umgangen und die Überprüfung viel effizienter umgesetzt werden. Aus diesen Gründen ist es stets empfehlenswert, ein System ebenfalls einem lokalen Test zu unterziehen. Diese lokalen Überprüfungen erfordern entsprechend das Vorbeigehen beim Kunden. Hat man Glück, stellt einem dieser einen Anschluss in einem angenehmen Büro zur Verfügung, so dass man nicht den Tag im Server-Raum verbringen muss. Es kommt aber immerwieder vor, dass aufgrund sicherheitspolitischer Überlegungen oder gebäudetechnischer Limitierungen ein solcher Zugriff nicht möglich ist. Dann heisst es halt eben doch, dass man sich in den Server-Raum setzen muss. Es gibt ganz unterschiedliche Server-Räume. Am schlimmsten sind diejenigen, die besonders laut und stark gekült sind. Es ist sodann absehbar, dass ich am Ende des Tages Kopf- und Halsschmerzen haben werde. Ist mir bekannt, dass ich mal wieder Stunden in einem erfrierend kalten Raum unter der Erde verbringen muss, nehme ich manchmal gar einen Schal mit - Auch im Hochsommer. Für viele Kunden mag das ein komischer Anblick sein, sitzt denn nun jemand mit Hemd, Anzug und Schal vor einem Grossrechner. Aber mir ist das egal, denn schliesslich ich müsste ja ansonsten mit Schluckweh die kommenden Tage verbringen. Früher war es so, dass wenn ich einen Server-Raum betreten habe, ich mich sofort umgesehen habe, welche Systeme da zum Einsatz kommen: Welche Switches sind installiert, welche Rechensysteme werden bevorzugt und wie sieht die Verkabelung aus. Dann gab es eine Zeit, in der mich der physikalische Zugriffsschutz mehr interessiert hat: Wo findet die Zutrittskontrolle statt, wie werden die Türen verriegelt und welche Löschvorrichtungen sollen Brände eindemmen. Mittlerweile schaue ich aber ganz pragmatisch darauf, mit was für Stühlen ich vorlieb nehmen, wo die lautesten Server stehen und an welcher Stelle der Durchzug am geringsten ist. Man wird halt älter. Und trotzdem gibt es dann auch mal wieder interessante Momente, die man in den unschönen Kellern erlebt. Wenn man beispielsweise das neueste Modell eines Iris-Scanners vorgeführt bekommt oder bei einem grossen Telekommunikations-Anbieter vor den internationalen GSM-Switches steht. Das sind dann wieder Situationen, in denen ich mich wie ein kleines Kind fühle, das voller Freude ein neues Spielzeug kriegt. Am liebsten würde ich in solchen Situationen Fotos als Andenken machen. Doch es ist klar, sind derlei Umgebungen ein gut gehütetes Geheimnis der jeweiligen Institutionen, so dass dies gar nicht in Frage käme. Dreht sich der Stundenzeiger der Uhr langsam Richtung Feierabend, bin ich dann aber auch wieder froh, nach Hause zu können. Dort wartet ein bequemes Sofa und die angenehme Ruhe. Keine lauten Server und keine erkältenden Kühlungssysteme. Die absolute Ruhe und Wärme meines Heims. Home sweet home.