Kritik der Glaubenskriege Marc Ruef | 07.03.2006 Seitem ich mich ernsthaft für das andere Geschlecht interessiere, bin ich von einer ganz besonderen Frage besessen: "Welcher Partner passt besser zu einem - Derjenige der gleich ist, oder derjenige, der komplett anders ist." Im Normalfall können bei solch alltäglichen Problemen Sprichwörter einen Denkanstoss in die richtige Richtung geben. Da gibt es nun aber "Gleich und Gleich gesellt sich gern" sowie "Gegensätze ziehen sich an". Was ist nun die Lösung? In der Informatik gibt es auf philosophischer Ebene die gleiche Diskussion. Die einen bevorzugen heterogene, die anderen homogene Landschaften. Die Argumentation für heterogene Landschaften ist in der höheren Komplexität gegeben, die flächendeckende Angriffe erschwert. Nur die wenigsten Angreifer kennen sich sowohl mit Microsoft Windows Server 2003 als auch mit QNX Neutrino aus. Aus administrativer Sicht tendieren viele aber eher zur homogenen Landschaft, in der sich ähnliche und deshalb auch leichter aufeinander abgleichbare Systeme finden. Man muss sich nicht mehr um unterschiedliche Konzepte und erzwungene Interoperabilität kümmern. Wer hat nun eher Recht? Wahrscheinlich niemand. Ein Disput auf solcher Ebene kann nicht allgemeinhin gültig sein. Die Argumente sind in ihrem reinen logischen Gewicht einander gleich. Nur die Umstände vermögen die Wage zum Ausschlagen zu bringen. Für die einen zählt halt der administrative Komfort, für andere die erweiterte Systemsicherheit. Diese formale Betrachtungsweise soll aufzeigen, dass die praktikable Informatik voller philosophischer Gegensätze ist. Windows oder Unix? Apache oder IIS? Internet Explorer oder Mozilla Firefox? DNS oder WINS? Smartcard oder SecurID-Token? 3DES oder AES? MD5 oder SHA1? Alles hat Vor- und Nachteile. Diese werden durch die Einflüsse zu Tage gefördert. Fehlt ein Einfluss, kann ebenso der Nachteil (oder halt eben der Vorteil) abhandenkommen. Der Mensch muss endlich lernen, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt, wenn es sich um "Bruchstücke des Lebens" handelt. Und die Informatik ist ein winziger Bruchstück eben dieses. Ich sage immer: Wenn mich nicht um etwas prügeln will, dann ist es mir nicht wichtig. Sagen Sie, würden Sie sich für ein Betriebssystem oder einen Webbrowser schlagen? Ich hoffe nicht! Glaubenskriege sind meines Erachtens etwas kindisches. Denn der Glaube ist eine Einbildung eines jeden Gehirns. Den Glauben anderer mit Zwang affektieren zu wollen, weist irgendwie narzisstische (im pathologischen Sinn) sowie egozentrische Züge auf. Alles Sachen, die ein Individuum nicht umgänglicher und damit die Gesellschaft nicht besser machen. Es bleibt daher wichtig, dass Ziele definiert, die Umstände betrachtet und Argumente gegeneinander abgewogen werden. Nur so kann eine intellektuelle Entwicklung stattfinden. Doch wie es scheint, geht dieses pragmatische Vorgehen vielen Leuten im Alltagsleben abhanden. Und dies nicht nur in der Informatik...