ATK gegen WEKA, Teil 2: Rückzug? Marc Ruef | 18.07.2006 Wie im Blog-Eintrag mit dem Titel ATK Project gegen WEKA Business Information GmbH & Co. KG. (http://www.computec.ch/news.php?item.117) beschuldige ich eben das genannte deutsche Unternehmen, Programmcode aus meinem quelloffenen Projekt übernommen und kommerziell vertrieben zu haben (Brief vom 18. Februar 2006 (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060216-verletzung_gpl.pdf)). Die besagte Situation war Gegenstand vielfältiger Medien-Mitteilungen (http://www.heise.de/newsticker/meldung/74625), zynischer Blog-Einträge und hitziger Foren-Diskussionen. Mit diesem Blog Eintrag sollen die weiteren Gegebenheiten zusammengefasst und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Hierbei werde ich erstmals umfassend den Schriftverkehr zwischen der WEKA-Verlagsgruppe und mir offenlegen. Dies sollte der unvoreingenommenen Urteilsbildung eines jeden interessierten Lesers dienlich sein. Am späten Nachmittag des 29. Juni 2006 habe ich festgestellt, dass die Produktwebseite http://www.securityscanner.de kommentarlos auf http://www.interest.de umgeleitet wird. Zudem wurden in sämtlichen Webauftritten von WEKA der Hinweis auf den INTEREST Security Scanner entfernt und die Software damit faktisch aus dem Sortiment genommen. Selbst auf Amazon.de wird das Produkt mittlerweile als "Führen wir nicht oder nicht mehr" ausgewiesen. Über Umwege konnte ich zudem den Hauptentwickler des Produkts identifizieren. Dabei handelt es sich, zu meinem Erstaunen, um eine Person, mit der ich vor Jahren schon einmal wegen einem Security Scanner Projekt Kontakt hatte. Wir verstanden uns damals gar so gut, dass wir auch einige Mal miteinander telefoniert haben. Um diese Information reicher, habe ich sogleich versucht meinen ehemaligen Kollegen per Email zu erreichen. Bis heute blieb eine Antwort aus. Ob damit wirklich der Beweis angetreten wurde, dass der "Hauptentwickler schwer krank" sei, wie es WEKA in den Diskussionen immerwieder betont hat? Oder vielleicht bekam er einfach den Rat, bestmöglich kein Wort mit mir zu wechseln, um nicht versehentlich irgendwelche Eingeständnisse zu machen? Da sich niemand mehr von WEKA gemeldet hat und das Zurückziehen des Produkts als Teilkapitulation zu werten ist, wollte ich die Sache nun endgültig abschliessen. Zu diesem Zweck wurde ein Brief mit folgendem Inhalt aufgesetzt (Brief (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060717-verletzung_gpl4.pdf), Rechnung (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/atk-weka_rechnung.pdf) und Stundenrapport (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/atk-weka_stunden_rechnungsbeilage.pdf) vom 17. Juli 2006): quoteDa Sie mit eben dieser Tätigkeit ein subtiles Geständnis nach Aussen getragen haben sowie eine offensichtliche Teilkapitulation eingegangen sind, möchte ich die Sache nun fein säuberlich zum Abschluss bringen. Aus eben diesem Grund will ich Ihnen meine Aufwände in Rechnung stellen. Im Anhang finden Sie eine Auflistung der Stunden, wie ich Sie seit Februar 2006 zur Verteidigung meiner Grundrechte zu investieren hatte. Fair gerechnet summieren sich diese auf 41 Stunden. Der Stundenansatz meines Arbeitgebers für meine Person (Consulting) beträgt sFr. 240.-, womit wir bei einem Total von sFr. 9840.- sind. Hinzu kommt, dass Sie mindestens seit Februar 2006 Einnahmen mit meinen Programmteilen getätigt haben. Abzuschätzen, wie oft Sie den INTEREST Security Scanner verkauft haben, ist für mich schwierig. Aus diesem Grund werde ich Ihnen lediglich die Aufwände verrechnen, die ich in etwa hatte, um die entsprechend übernommenen Programmteile zu entwickeln. In ATK 4.0 werden 340 Plugins geführt. Für das Schreiben eines Plugins rechne ich mit 30 Minuten. Insgesamt wurden also 170 Stunden für die Entwicklung dieser invesiert. Ebenso muss ich mich um die Entwicklung der Skripting-Sprache ASL kümmern, für deren Erarbeitung ich ca. 30 Stunden gebraucht habe. Somit sind wir bei zusätzlichen 200 Stunden, die einem Betrag von sFr. 40'800.- entsprechen. Die Addition der beiden Beträge (Scherereien mit Ihren Anwälten sowie die Entwicklung der übernommenen Codeteile) beläuft sich auf sFr. 50’640.-, die es auf mein Schweizer Postkonto innert den kommenden 30 Tagen zu überweisen gilt. Wird dem nicht nachgekommen, werde ich den Rechtsweg einschreiten. Dafür bin ich bestens vorbereitet. Die Zahlung werde ich zu 100 % einer Wohltätigkeitsorganisation spenden./quote Von der Berechnung etwaiger Spesen (z.B. Telefonanrufe oder Versand eingeschriebener Briefe) sah ich ab, da sich der Aufwand einer solch akribischen Dokumentation doch eher nicht rechtfertigt. Dafür wurden im Brief einige weitere Bedingungen genannt, die ein zukünftiges Zusammenleben für beide Seiten erträglichen machen sollen: "Desweiteren verlange ich von Ihnen, dass Sie Ihre Medienmitteilung, die mich als Lügner diffarmiert (http://www.heise.de/newsticker/meldung/74774), zurücknehmen. Bringen Sie zu diesem Zweck 90 Tage auf der Frontseite Ihrer Webseite http://www.interest.de eine Mitteilung unter, in der Sie: (1) Sich bei mir entschuldigen, (2) meine Vorwürfe als berechtigt identifizieren, (3) ihr Verhalten als nicht fair beschreiben sowie (4) ihre Gegendarstellung als nichtig ausweisen. Zusätzlich verbitte ich mir, dass Sie jemals wieder mit einer Person so unhöflich umspringen, wie mit mir. Ich werde für die Tätigkeiten Ihrer Firma in Zukunft ein offenes Gehör haben und weitere Verstösse ungeniert an die Öffentlichkeit oder gar vor ein Gericht tragen." WEKA hat sich darum bemüht, fortwährend kategorisch die Schuld von sich zu weisen. Dabei wurden immerwieder inhaltslose Pauschal-Statemens (z.B. Heise Meldung vom 27. Juni 2006 (http://www.heise.de/newsticker/meldung/74774)) eingesetzt. Im Gegenzug wurde gar noch behauptet, dass man sich mit mir um eine Lösung bemüht hätte (Ihre "Lösung" bestand scheinbar im Ignorieren meiner Rechte/Forderungen). Meine schriftliche Zusammenfassung würde desweiteren ein verzerrtes Bild der Gegebenheiten nach Aussen tragen, wie die Pressemitteilung von INTEREST (http://www.interest.de/presse/data/Stellungnahme_Ruef.doc?ID=868044552253) (23. Juni 2006) besagt: "INTEREST hat seit Bekannt werden der Vorwürfe mehrfach und ergebnislos Gespräche mit Herrn Ruef geführt, um den Sachverhalt zu klären. Umso mehr ist der Verlag über das Vorgehen von Herrn Ruef hinsichtlich der Veröffentlichung von verzerrten und unwahren Tatsachenbehauptungen unter anderem auf der Homepage von Herrn Ruef irritiert. INTEREST prüft aus diesem Grund derzeit alle Optionen hinsichtlich zivil- und strafrechtlicher Schritte gegen Herrn Ruef." Jedoch bin ich der einzige, der bisher mit handfesten Beweisen aufwarten konnte. Zum einen war dies die ATK-Mailadresse in Plugin 156 (Brief vom 28. März 2006 (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060327-verletzung_gpl3.pdf)) und zum anderen der Hinweis auf mein Geburtsdatum in diversen Plugins (Blog Eintrag vom 22. Juni 2006 (http://www.computec.ch/news.php?item.117)). Ich bin in der Lage anhand der offiziellen Version des INTEREST Security Scanner 1.6 zu beweisen, dass insgesamt 101'023 Bytes des Original ASL Codes ohne Einhaltung der Urheber- und Lizenzrechte kopiert wurde. Diese hunderttausend Zeichen sind exakt die gleichen und in der gleichen Reihenfolge, wie im Original-Projekt. Keine Ahnung, was an einer solchen statistischen und damit empirischen Analyse "verzerrt" sein soll. Die Pressesprecherin von INTEREST sollte lieber irritiert sein, dass sie von ihrem Arbeitgeber zu einem solch unsinnigen Statement gezwungen wird. Ich denke, dass diese ganze Geschichte nicht so weit hätte kommen müssen. Dass Missverständnisse in Bezug auf Urheber-/Lizenzrechte auftauchen können, vor allem im Software-Bereich, ist klar. Es hätte auch niemanden gestört, wenn die simplen Lizenzbedingungen (GPL) des Attack Tool Kit Project (http://www.computec.ch/projekte/atk/) in der von WEKA weitervertriebenen Version einer Scanning-Software eingehalten worden wäre. Vor allem mein mehfaches höfliches Hinweisen (Briefe vom 16. Februar (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060216-verletzung_gpl.pdf), 06. März (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060306-verletzung_gpl2.pdf) und 27. März 2006 (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/atk-weka/060327-verletzung_gpl3.pdf) sowie ein halbes Duzend Emails und Telefonanrufe im selben Zeitraum) auf den Missstand hätte diesen innert kürzester Zeit aus der Welt schaffen lassen können. Im Gegenzug reagiert die Firma WEKA mit einem absolut niederen und arroganten Verhalten. Diese ewigen Drohgebärden in Form von Gegenklagen und die meine Person diffarmierende Gegendarstellung in den Medien haben nichts mit einem erwachsenen und ehrehaften Umgang gemein. Angeblich wurden ebenfalls Privatpersonen und Nachrichtenportale durch Abmahnungen eingeschüchtert, würden sie weiterhin über die Situation berichten. Zensur ist nie im Sinne der Wahrheit. Ich jedenfalls werde schauen, dass meine Zöglinge eine bessere Kinderstube geniessen. Vielen Dank an die vielen Helfer, die mich in diesem Abenteuer begleitet haben. Ohne die guten Hinweise und die lieben Worte hätte ich wohl kaum die Kraft gehabt. Schade nur, dass dies im Grunde ein Kampf gegen Windmühlen darstellt. Gewinner solcher Quereleien sind eigentlich nur die Anwälte. Vielleicht wird es in dieser Geschichte aber einen guten Ausgang für eine Hilfsorganisation nehmen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.