Die Wichtigkeit von Vorbildern Marc Ruef | 28.08.2006 Mit 14 Jahren habe ich mir die Haare abrasiert, kurze Zeit später gefärbt - zuerst grün, dann rot und zum Schluss blau -, um mir dann später einen Irokesen-Schnitt ("Kamm") zuzulegen. Eine klassische Rebellion jugendlicher Natur, mit einer grösseren Tragweite daherkommend aber nie verletztend oder verachtend. Ich konnte es einfach nicht leiden, mich in die korrupten Spielregeln der Erwachsenenwelt einarbeiten zu müssen. Ein Gefühl, das wohl die meisten kennen und so mancher bis zu seinem Lebensende, wie einst Hermann Hesse auch, nicht verlieren kann. Diese Rebellion sah ich als gesunden Individualismus an. Die Folge davon war, dass ich mich nie irgendwelchem Gruppenzwang unterwerfen wollte. Als alle meine Freunde zu rauchen begannen, habe ich diesen Akt erst recht als unnötig, ja gar unsinnig empfunden. Individualismus bedeutet, dass man sich in seiner Eigenständigkeit wohlfühlt. Das habe ich immer getan, weshalb ich nie irgendwelchen Vorbildern nacheifern wollte. Selbstverständlich imponierten mir Musiker wie Kurt Cobain (Nirvana) oder Kirk Hammett (Metallica). Aber so sein wie sie, und dies mit einer gewissen Bedingungslosigkeit, das war nie mein Ziel. Dennoch war ich mir sehr wohl bewusst, dass eine Vielzahl der Menschen nur deshalb überleben und sich "weiterentwickeln" können, wenn sie jemandem oder seinen Zielen nacheifern dürfen. Sei dies nun die pubertierende Liebe, die man für ein Mitglied einer Boyband hegt oder das Interesse wissenschaftlicher Abhandlungen, die in die Geschichte eingegangen sind. All diese Dinge können einem Menschen dabei helfen, sich selber zu finden. Vorbilder sind, sofern man sie kritisch betrachtet, eine gute Sache. Seit nun bald 10 Jahren pflege ich meine kleine Webseite. Dabei bin ich mit einer Vielzahl an höchst interessanten und unterhaltsamen Leuten in Kontakt gekommen. Der Lauf der Zeit zeigt, dass auch ich älter werde. War ich mit 18 Jahren noch erstaunt, dass mir ein 40-jähriger Windows-Administrator ein Email schreibt, überrascht es heute eigentlich nicht mehr, dass ich mit 25 Jahren manchmal Emails von 12-jährigen beantworte. Gerade weil ich diese Gegebenheit einer inter-generationalen Kommunikation aus eigener Erfahrung kenne, vermag ich mich auch heute noch an ihr zu freuen. Ihre Wichtigkeit ist unbestritten. Dabei bin ich mir sehr wohl bewusst, dass ich (oder generell jeder, der etwas macht) als Vorbild angesehen werden kann. Nicht selten schreiben mir junge Leser, dass sie ebenso einmal Penetration Tester werden wollen oder auch über das Schreiben eines Buchs nachdenken. Aufmunternde Worte und manchmal hilfreiche Tipps sind das, was ich geben kann. Auch wenn es - vor allem in materieller Hinsicht - nicht viel ist, können solche Gesten die Dinge oftmals in guten Bahnen lenken. Motivation ist das, was Dinge erschafft - Kritik alleine wirkt unter Umständen nur hemmend. Ein Weiterreichen von Wissen und vor allem Gewissen (Ethik und Moral) sind und bleiben wichtig. Die registrierten Mitglieder haben die Möglichkeit, auf der Webseite ihre eigenen Fotos hochzuladen. Der eine oder andere nimmt das zum Anlass, um sich entsprechend in Szene zu setzen. Da sind dann manchmal Bilder gegeben, auf denen man den eigentlichen Menschen hinter einem riesen Joint gar nicht mehr richtig erkennen kann. Oder jene Zeitgenossen, die ihr Holland-Bong und einer rekordverdächtigen Rauchwolke zur Schau stellen wollen. Eine sehr populäre Form der Rebellion, die sich in ihren Grundzügen von der mir genutzten Weise nicht wirklich unterscheidet. Grundsätzlich interessiert es mich nicht, welche sexuellen Vorlieben jemand hat und welche psychoaktiven Substanzen zu seinem üblichen Frühstück gehören. Das ist jedem seine Sache (solange er damit niemanden absichtlich oder fahrlässig schadet). Derlei Aktivitäten aber auch noch zur Schau zu tragen und sich dadurch definieren zu wollen, will ich nicht unterstützen - Am Bereitstellen derartiger Erzeugnisse will ich mich hier nicht beteiligen. Auch wenn ich der Meinung bin, dass ein vereinzeltes Foto mit Tüte im Gesicht wohl kaum die heranwachsende Jugend in den Canabis-Konsum treiben wird, muss man dies doch nicht gleich provozieren. Die jungen Menschen kommen früh genug damit in Kontakt und wie ich sie einschätze, wird jeder selber erfahren können, was für ihn richtig und wichtig ist. Ich trage noch immer die Hoffnung in mir, dass gesunder Menschenverstand Teil eines jeden ist. Manche werden es mögen, andere nicht (Ich selbst ziehe einen Abend mit einem guten Buch meistens einer Portion Hanf vor). Das ist aber nicht mein Problem. Hierbei geht es mir nicht um beherrschende Zensur oder religiösen Fanatismen. Es geht hierbei um Professionalität und Verantwortung. Diese beiden Dinge verlange ich von jedem, der sich (aktiv) auf meiner Webseite bewegen will. Ich denke nicht, dass dies zu viel verlangt ist. Denn im Gegenzug wird ein jeder, der die Seiten besucht, ebenso mit diesen Grundvoraussetzungen, die wohl kaum als verwerflich angesehen werden können, begrüsst werden. Irgendwie gehe ich auch nicht vor den Augen eines 5-jährigen Kindes bei Rot über die Strasse. Das gehört sich einfach nicht. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich in so mancher Eile doch bei argem Dunkelgruen meinen Fuss auf die Strasse gesetzt habe...