"Patience" oder "Und schon wieder ein nichtssagender Artikel" Marc Ruef | 13.11.2006 Ich schreibe nicht wenig. Manche sagen gar, dass ich viel schreibe. Ich habe schon immer viel geschrieben. Grundsätzlich deswegen, weil ich mindestens so viel wieder vergesse, wie ich auffassen kann. Habe ich es einmal niedergeschrieben, weiss ich wenigstens in etwa, wo dass ich einen zuvor zusammengefassten Gedanken wieder finden kann. Zudem hilft mir das Schreiben dabei, meine Gedanken zu formalisieren und sortieren. Diese Aufgabe zu bewältigen, sie wird Tag für Tag an uns herangetragen, macht mir mittlerweile riesen Spass. Viel Geld verdiene ich damit, obschon ich schon bei einigen Buchprojekten (http://www.computec.ch/mruef/publikationen/) mitgearbeitet habe, nicht (http://www.computec.ch/news.php?item.80). Manche behaupten, dass mir in diesem Bezug die wirtschaftliche Orientierung abhanden geht. Sie haben sicher nicht Unrecht. Doch meine Motive sind - Setze ich mich hin und schreibe etwas - gänzlich anderer Natur. Es geht dabei nur in den seltensten Fällen darum, dass ich mit dem Geschriebenen unmittelbar Geld verdienen kann. Das Weiterreichen von Wissen und die fortwährende Prüfung, dies auch in bester Manier umsetzen zu können, sind mir meistens Lohn genug. Arrogant wie ich bin meine ich behaupten zu können, dass ich mittlerweile eine gute von einer schlechten Fachpublikation unterscheiden kann. Die Grundlagen der in dieser Hinsicht wertvollen Gedanken haben ich schon zuvor kurz im Blog Eintrag mit dem Titel Die Kunst des Schreibens von Fachbeiträgen (http://www.computec.ch/news.php?item.125) umrissen. Intellektuelle Innovation und didaktische Simplizität, mindestens eines davon, stellen die Grundpfeiler einer guten Abschrift dar. Das eine muss das andere nicht ausschliessen. Es kann aber im schlimmsten Fall - aus Sicht des Lesers - vorkommen, dass beides nicht vorhanden ist. Auf der Arbeit kriegen wir ab und an Fachzeitschriften zur Ansicht zugeschickt. In diesen finden sich immerwieder Artikel, die keine der beiden Voraussetzungen, um als guter Beitrag gelten zu können, erfüllen. Das Ausbleiben von Innovativität oder didaktischer Stärke führt dazu, dass die meisten Magazine mit eher schlechten Zeilen gefüllt sind, die ebenso gut durch einen Wortgenerator (http://www.computec.ch/news.php?item.125) hätten geschrieben werden können. Der Autor, meistens ein technisch wenig versierter Verkäufer oder Mitglied des höheren Managements, lässt sich sodann über ein Thema aus, das er noch nicht einmal in seinen Grundzügen verstanden hat. Irrwitze geistige Tunnelfahrten, bei denen der Leser seine Freiheit im Schlaf oder dem Freitod suchen wird, sind die Folge davon. Wenn zum hundertsten Mal darüber berichtet wird, dass WLANs mit WEP unsicher sind oder dass eine aktualisierte Antiviren-Software wichtig ist, um ein Unternehmen sicherheitstechnisch am Leben zu erhalten, so blättere ich lieber weiter. Schliesslich war das schon zig mal da. Und schon zig mal sind die Autoren daran gescheitert, ihre Vorgänger wenigstens teilweise zu übertreffen. Irgendwie erinnert mich dies an den Roman Planet der Affen des Franzosen Pierre Boulle. Auch dort sind die Büchereien voller sich gegenseitig abgeschriebener und damit die Themen bis zum Erbrechen widerkäuender Bücher. Manchereiner mag behaupten, dass der gemeine Mensch halt zu schnell vergisst, alsdass das Veröffentlichen eines einzigen Artikels sein Verständnis für die Problematik für alle Ewigkeit zu festigen in der Lage wäre. Dem stimme ich zu. Ist aber eine Abschrift mit offensichtlich kaptialitischem Hintergedanken, eigentlich geht es nur um die Profilierung der Person oder die Etablierung eines Produkts/Dienstes, erarbeitet worden, wird wohl kaum ein wertvoller Beitrag herauskommen. Da wirkt die Wiederholung lediglich peinlich. Ja, ich habe langsam begriffen, dass Outsourcing Geld sparen kann. Und ich habe auch begriffen, dass das meistens nicht der Fall ist, weil nachträglich aufgrund von Komplikationen zusätzliche Kosten, die bei der ersten Berechnung des ROI (Return on Investment) übersehen wurden, anfallen können. Firmen, die Outsourcing betreiben verschweigen letzteres in ihren Beiträgen - Es könnte schliesslich dem Geschäft schaden. Heraus kommt ein netter Werbeartikel, den man aus akademischer Sicht als Schund bezeichnen müsste. Gleiches passiert auch in der Security-Branche. Oder hat schon jemals jemand einen Artikel eines Antiviren-Herstellers gesehen, in dem darauf hingewiesen wird, dass pattern-basierte Lösungen nur vor altbackenen Gefahren schützen können? Wohl kaum, denn schliesslich sind es Firmen wie Symantec und McAfee zu verdanken, dass wir in einer virenfreien Zeit leben ... Oder doch nicht? Na ja, statt sich über diese Umstände fehlender Ehrlichkeit aufgrund ausschliesslich kapitalistischer Priorisierung aufzuregen, kann man seinen Blick abwenden und den nächsten Artikel zum Thema WEP oder Outsourcing durchlesen. Oder man spielt, so wie ich das in letzter Zeit häufiger zu machen pflege, eine Runde Solitaire (eigentlich Patience) auf seinem schicken Mobiltelefon. Irgendwann werde ich hoffentlich auch in der Lage sein die Las Vegas-Spielweise zu meistern. Bis dahin werden aber sicher noch haufenweise schlechte Beiträge zu öden Themen wie WEP, Outsourcing und Antiviren-Software verfasst werden.