Hacken im Jahr 2007 Marc Ruef | 23.04.2007 Manche Leute postulieren, dass es sich bei Hacking um eine Kunstform, eine Lebensphilosophie ähnlich dem buddhistischen Zen, handelt. Wiederum andere Leute behaupten, dass ein effizienter Hack auf mathematischen Grundlagen, empirischen Analysen und logischen Deduktionen aufbaut. Meines Erachtens schliesst das eine das andere nicht aus, und so bleibt ein Hack einfach zusammengefasst eine effiziente und elegante Herangehensweise, mit der Umwelt umzugehen. Im Grunde steckt der ganze Alltag voller lustiger Möglichkeiten des Hackings. Diese sind nicht nur auf klassische Disziplinen wie die Programmier- und Netzwerktechniken beschränkt. Viel mehr bietet im Jahr 2007 praktisch jedes elektronische Gerät eine relativ komplexe Logik, durch deren Manipulation Freude erfahren und weitergegeben werden kann. Der Verkauf von Appliance-Geräten, also vorgefertigte Blackboxen, die sich zum Beispiel als WLAN-Router oder Firewall-Geräte einsetzen lassen, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Benutzerfreundlichkeit der relativ eingeschränkten Kistchen macht sie für den Ottonormalverbraucher sehr interessant. Im Internet finden sich Anleitungen, wie sich aus den vermeintlich dummen Netzwerkelementen leistungsfähige Linux-Systeme basteln lassen. Die Manipulation der Firmware und das Anschliessen einer Harddisk erlauben das flinke Umsetzen eines Network Storage Device. Doch wer braucht schon lokalen Datenspeicher im Zeitalter des Internets. Die Vernetzung hat zu einer dezentralen Speicherung von Daten geführt. Will man etwas wissen, muss man nur noch das Netz der Netze durchstöbern. Durch GPRS-fähige Handheld-Lösungen wie Ogo wird das Browsen auch unterwegs ermöglicht. Doch die schweizer Integration durch die Swisscom sieht mal wieder starke Einschränkungen vor. So ist die Datenübertragung auf Email und MSN eingegrenzt. Eine Manipulation der durch die Swisscom eingespielte Firmware dürfte diese Restriktion aber aushebeln lassen. Im Raum Baden/Wettingen (Aargau, Schweiz), meinem Wohnort, pflegen die regionalen Verkehrsbetriebe ihre Ankunfts- und Abfahrtszeiten seit einigen Jahren durch dynamische LED-Tafeln anzeigen zu lassen. Die Speisung der Daten erfolgt dabei über Funk. Es wäre eine wirklich unendlich lustige und unterhaltsame Geschichte, würde dort am Geburtstag der Fruendin deren Name und entsprechende Glückwünsche zu lesen sein. Ein herzlicher Hack, den einem wohl die wenigsten übel nehmen würden. So manches Mal habe ich mir gewünscht, erweiterten Einfluss auf dem Aufzug in unserem Bürokomplex ausüben zu können. Vor allem dann, wenn die unfreundlichen Zeitgenossen mal wieder meinen, mir vor der Nase abfahren zu müssen. Diese unendlich unfreundlichen Hanswurste haben scheinbar keine anständige Kinderstube genossen. Durch Funkverbindungen im letzten Moment die sich schliessende Tür wieder aufgehen zu lassen und dabei in die verdutzten und peinlich berührten Gesichter der Frechdachse grinsen zu können, das wäre mir eine solche Installation durchaus Wert. Im Büro pflegen wir auf die bereitgestellte ISDN-Telefonanlage von Siemens zurückzugreifen. Eine archaisch anmutende Lösung, die keineswegs durch Ergonomie und Komfort überzeugen kann. An anderen Orten wird auf dynamisches Voice-over-IP (VoIP) gesetzt und damit moderne Netzwerktechnologien mit klassischer Telefonie verschmolzen. Die genutzten Protokolle und Standards sind jedoch, da ist SIP ein gutes Beispiel, eher anfällig für Manipulationen. Mit einfachen UDP-Kommunikationen können Endgeräte manipuliert werden. Da lassen sich dann vermeintliche Nachrichten hinterlegen oder eben solche wieder löschen. Ein bisschen Schabernack den Kollegen gegenüber kann nie schaden? Fährt man sodann wieder des Abends mit der Bahn nach Hause, ist im vollbesetzten Zug die Suche nach aktiven Bluetooth-Geräten ein lustiger Zeitvertreib. So mancher benennt sein Mobilgerät mit seinem eigenen Namen, weshalb sich durch diesen Trick so mancher hübschen Dame Vorname identifizieren lässt. Diese Information geschickt im Anmachspruch untergebracht, macht einem besonders interessant und die Aussichten auf Erfolg entsprechend grösser. Doch wenn man wieder des Abends nach Hause kommt, dann ist - wenigstens bei mir - der Kühlschrank nicht selten leer. Halt deswegen, weil sich dieses dumme Gerät noch nicht mit IPv6 ansprechen lässt und deshalb auch keine automatische Bestellung veranlassen kann. Aber dann, wenn dies wirklich überall der Fall ist, wird das fröhliche Alltags-Hacking weitergehen. Schon jetzt scheint der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Der Abhängigkeit, in deren Hände wir uns zunehmends begeben, auch nicht. Hoffentlich wird mein Kühlschrank noch möglichst lange keinen eigenen TCP/IP-Stack haben. Ich habe es nämlich nicht gerne, wenn man den Schabernack mit mir treibt. Und damit bin ich nicht alleine!