Hacking auch für dümmliche Zeitgenossen? Marc Ruef | 22.07.2007 Das Thema Hacking, und dies steht ausser Frage, fasziniert. Die Motive der jünglinge dieser noch nicht mal zwingend technoiden Religion haben sich dabei den verschiedensten Göttern verschrieben. Einige streben nach Macht über Computer, andere wollen Erleuchtung im Verständnis dieser finden. Doch nicht alle Hacker führen Gutes, sei es nun für sich oder ihre Umwelt, im Schilde. Die Existenz von destruktiven Zeitgeistern, die ihrem sadistischen Trieb nachgeben, ist leider nicht zu verleugnen. Die Medien sind voll davon. Vor allem der Einsteiger will schnell und billig erste Erfolge feiern können. In bester Skript-Kiddie Manier werden sodann oberflächliche Publikationen überflogen und mit den neuesten Tools uralte Angriffe ausprobiert. Das Ziel ist nicht Verständnis, sondern Macht. Dies ist zudem mit einer Willkür durchdrungen, denn der Angreifer sucht sich seine Ziele nach einem simplen Prinzip aus: Bist Du ein Opfer, wirst Du mein Opfer. Nur wenn die gesuchte Schwachstelle vorhanden ist, wird blind darauf zugegriffen. Das findige Suchen von anderen oder gar neuen Schwachstellen interessiert nicht, denn das Verständnis für solche ist nicht vorhanden. Ganz besonders dümmlich sind jene Zeitgeister, die sich fortwährend an ihren unsinnigen und eher dem Zufall unterworfenen Gewaltakten erfreuen. Es reicht dann nicht, dass man mal eben seine Macht dadurch ausspielen konnte, dass irgendeiner hilflosen Person gerade sämtliche Geschäftsbriefe gelöscht, das private Fotoalbum verunstaltet oder die hübsch aufbereitete Webseite deaktiviert wurde. Dieser vermeintliche Kick will immer und immerwieder erfahren werden. Manche dieser destruktiven Leute plustern sich ganz besonders mit Angriffen auf, die nicht oder nur mit enormem Aufwand abgewehrt werden können. Flooding-Angriffe, vor allem im Rahmen von Distributed Denial of service-Attacken, sind für Privatpersonen und die meisten kleineren Unternehmen gar nicht zeitnah abwehrbar. Die Opfer können in einer ersten Phase primär darauf hoffen, dass der Angreifer sein Interesse verliert und von weiteren Zugriffen absieht. Der Angreifer selbst fühlt sich während seines Treibens fortwährend fälschlicherweise mächtiger und klüger weder seine Gegenüber. Doch zeugt es wirklich von Grösse, wenn auf ein wehrloses Opfer eingetreten wird? Ist es eine Kunst, ein kleines Kind zu schlagen? Versprüht es irgendeine Form von Macht, werden in einem Zugsabteil die Sitze aufgeschlitzt? Ist es irgendwie klug, wenn man seinen Müll einfach ohne offizielle Müllsäcke auf die Strasse stellt? Diese Welt ist nicht perfekt und sie wird es niemals sein. Zu komplex und vielschichtig sind die Zustände. Profit aus offensichtlichen Missständen zu schlagen ist minderwertig und niederträchtig. Betrachtet man diese Welt, ist die im virtuellen Raum getätigte Ungerechtigkeit von verschwindender Qualität. An anderen Orten wird das Recht des Stärkeren mit äusserster Härte und Brutalität eingefordert. Ironischerweise ist das Durchsetzen von Macht ein offensichtliches Zeichen von Schwäche. Der italienisch-deutsche katholische Theologe und Religionsphilosoph Romano Guardini (1885-1968) fasste dies sehr schön zusammen: "Je grösser die Macht, desto stärker die Versuchung, den leichten Weg, nämlich den der Gewalt, zu gehen." Und wie es in Spider-Man so schön heisst (2002): "Aus grosser Macht folgt grosse Verantwortung." Das bedeutet auch im Internet, dass man nicht nur deswegen seine Kraft ausspielen muss, nur weil man sie inne hat. Nur weil man jemandems Arbeit löschen kann, muss man dies noch lange nicht tun. Die narzisstische Befriedigung dessen sollte, auch wenn dies selbst nicht von bester Manier erscheint, schon mit der Manifestation des Gedanken gegeben sein.