Darum versagt das Urheberrecht und damit die GPL Marc Ruef | 02.09.2007 Menschliche Erzeugnisse, die einen gewisse Komplexität aufweisen, unterliegen hierzulande automatisch dem Urheberrecht. Dies bedeutet, dass der Urheber gewisse Macht über die Verteilung und Nutzung seiner Arbeit ausüben kann. So kann er beispielsweise durch ein spezifisches Lizenzmodell die Nutzungsrechte abtreten. Im Software-Bereich hat, spätestens mit der Popularisierung von Linux, die General Public License (GPL) eine wichtige Rolle eingenommen. Diese Lizenzform sieht vor, dass sich das Erzeugnis erlaubterweise verändern lässt, sofern sich die Neuentwicklung eindeutig als Abwandlung des Originals identifizieren lässt sowie auch sie dem gleichen Lizenzmodell unterliegt. Frei nach dem Motto: Einmal GPL, immer GPL. (Es gibt natürlich noch die Möglichkeiten des Dual-Licensing. Zudem kann der Urheber die GPL unter gewissen Bedingungen ganz bzw. teilweise zurückziehen.) Wird ein Erzeugnis ausserhalb der Bestimmungen dessen sowie des auferlegten Nutzungsrechts (definiert durch das Lizenzmodell) eingesetzt, stellt dies einen gesetzlichen Verstoss dar. Die Grundrechte des Erschaffenden werden damit verletzt, was juristische Konsequenzen nach sich ziehen kann. Auch ich wurde Opfer einer solchen Lizenz-/Urheberrechtsverletzung, wie im Fall ATK gegen WEKA (http://www.computec.ch/news.php?item.117) nachzulesen ist. Ein deutsches Unternehmen verwendete widerrechtlich gewisse Teile einer Software, die ich unter der GPL veröffentlicht habe. Auch nach mehrmaligem Hinweisen auf den Missstand und der Bitte um Behebung dessen liess sich keine annehmbare Lösung finden (Ich wurde schluessendlich ignoriert!). Bin ich nun in einem solchen Fall auch weiterhin darauf erpicht, dass die Urheberrechte anerkannt und die Lizenzvereinbarungen eingehalten werden, sehe ich mich gezwungen, den juristischen Weg einzuschlagen. Hier tun sich jedoch die ersten wirklichen Probleme auf. Sodann muss nämlich ein Jurist (Anwalt) eingeschaltet werden, der die Situation begutachtet und das weitere Vorgehen definiert. Je nach Komplexität des Falls, und Computerprobleme sind stets sehr undurchsichtig, kann diese Abklärung sehr zeit- und kostenaufwendig sein. In der Regel müssen die anfallenden Kosten aus privater Tasche gezahlt werden. Eine private Rechtsschutzversicherung, die nur ein verhältnismässig kleiner Teil an Leuten nutzt, deckt Computer- und Urheberrechtsstreitigkeiten in der Regel nicht ab. Doch gerade Leute, die sich für GPL einsetzen sind jene, die auch in anderen Bereichen wenig kommerzielle Motivation aufweisen. Dass nun für die Erhaltung und Respektierung eines freien Projekts Geld aufgeworfen werden muss, ist mehr als fragwürdig. Wieso muss man für die Verteidigung von etwas, das nichts kostet, etwas zahlen? Im besten Fall können sich nach der Durchsetzung einer gerichtlichen Klage die entstandenen Kosten als Schadensersatz abdecken lassen. Doch gerade in der Schweiz sind derartige Forderungen nur schwer durchzubringen. Erfahrungsgemäss sind die Gerichte oftmals darauf fokussiert, den eigentlichen Missstand zu beseitigen. Dass bei dieser Beseitigung weitere Missstände angefallen sind (Anwaltskosten und Aufwände), interessieren dann nur mehr wenig. Durch einen Vergleich wird auf die Erbsenzählerei, die hier jedoch durchaus angebracht sein kann, verzichtet. Diese Situation zeigt, wie sehr doch das Urheberrecht und die schönen Lizenzmodelle - nicht nur aber auch die GPL - versagen. Der kleine Mann kann sich finanziell gar nicht dafür einsetzen, dass seine Grundrechte eingehalten werden. Er ist den Fangzähnen grosser Firmen, die viel Geld und haufenweise Anwälte im Rücken haben, machtlos ausgeliefert. Deshalb der Vorschlag einer echt guten Geschäftsidee: Open-Source Produkte von "Hobby-Programmierern" stehlen und sie zu Geld machen - Die können sich ja eh nicht wehren! Übrigens: Ich suche zur Zeit Investoren, um eine Firma mit dem Namen SharkCorp AG aufzuziehen...