Stell Dir vor es ist Revolution, und alle schauen hin Marc Ruef | 08.10.2007 Man sagt mir nach, dass ich nicht gerne reise. Dem mag so sein. Doch irgendwie stimmt es halt eben doch nicht. Auch wenn es für viele auf den ersten Blick nicht den Anschein macht, habe ich schon den einen oder anderen schönen Fleck auf unserem nicht nur blauen Planeten besucht. Dabei mag ich besonders alternative Reisen, bei denen man nach Möglichkeiten keinem einzigen Touristen begegnet. Ich will schliesslich fremde Kulturen sehen und nicht unter meines Gleichen sein. Mitunter bot sich mir die Möglichkeit, bei meinen Reisen in Thailand das Nachbarland Myanmar (ehemals Burma) zu besuchen. Es war eine Kombination verschiedener Zufälle, dass ich dies machen konnte. Die Grenzen zu Myanmar waren streng bewacht und so konnte man über Jahre hinweg nur schwerlich ein- und ausreisen. Eine Lockerung dieser Bestimmungen führte sodann dazu, dass mein Onkel und ich den langen Bus-Trip auf uns genommen haben, um sein Visum zu erneuern. Von Myanmar habe ich viel zu wenig gesehen (das hat man immer). Schwerbewaffnete Milizen und dubiose Waffenhändler (Man wollte mir neben AK47 ebenfalls eine geschundene M60 verkaufen!) waren neben ärmlichen Kindern und den vielen Bettlern alles, woran ich mich erinnern kann. Ich mag es nicht, von so vielen Waffen umgeben zu sein. Doch gerade dies zeigte mir, wie die Protestbewegungen der Studenten in 1988 (8888 Uprising) mit aller Brachialität in blutiger Weise niedergeschlagen worden sein musste. Die jüngsten Entwicklungen in Myanmar gehen mir besonders nahe, weil ich seit einigen Jahren Kontakte zu diversen Leuten (Studenten und Akademiker) pflege. Einige von ihnen haben mich bei diversen Projekten, zum Beispiel dem Attack Tool Kit (ATK) (http://www.computec.ch/projekte/atk/), unterstützt. Ausserordentlich freundlich, zuvorkommend und unterstützend habe ich sie kennengelernt. Für viele von ihnen ist das Internet das einzige Tor in andere Welten. Die wenigsten von ihnen hatten jemals die Möglichkeit, aus ihrem Land zu kommen. Sie amüsieren sich deshalb prächtig, wenn ich von den Eigenheiten der Eidgenossen berichte. Als die hiesigen Medien über das Anwenden der Waffengewalt durch die Militärjunta berichtete, schrieb ich sofort einige der Leute per Email an. Ich wollte natürlich wissen, wie es ihnen geht, inwiefern sie an den Protesten beteiligt sind oder wie sich diese im Landesinnern wahrnehmen lassen. "As many others in the western world I am very sad to see what is happening in your country. (01.10.2007)" Leider blieb bis heute eine Antwort aus. An verschiedenen Stellen habe ich gelesen (http://www.stern.de/politik/ausland/:Myanmar-Soldaten-Zentrum-Rangun-/599022.html), dass der Internet-Zugang ganz oder teilweise durch die Regierung abgeschaltet wurde. Das System versucht sich mit aller Macht zu schützen. Es soll wohl verhindert werden, dass die Einwohner über die Greueltaten berichten können oder moralische Unterstützung durch andere Länder erfahren. Beides ist für die Dissidenten von ungemeiner Wichtigkeit, um ihren Kampf erfolgreich führen zu können. Wie schon an anderer Stelle berichtet, habe ich während meines Asien-Aufenthalts ein buddhistisches Kloster besucht und dort als "Mönch" meditiert (das Tragen meiner langen Haare musste extra durch den Abt abgesegnet werden, normalerweise wird man kahl geschoren). Ich habe also hautnah erlebt, wie ein Zusammenleben im Kloster aussieht und wie man als buddhistischer Mönch von den Leuten auf der Strasse wahrgenommen wird. Nicht selten sind es eben genau junge Männer, die in schwierigen Lebensphasen ins Kloster gehen, um ihr inneres Gleichgewicht wieder zu finden. Das Leben dort ist keineswegs einfach. So steht man sehr früh auf und fastet fortwährend. Das Meditieren ist ebenso von seiner Kräftezehrung nicht zu unterschätzen. Ich empfand es als sehr anstrengend und war stets froh, wenn ich zu Bett gehen konnte. Geschlafen wurde auf dem Boden (ohne Decke und Kissen). Die Einwohner bringen den Mönchen entsprechend grossen Respekt entgegen. Dass die Regierung Myanmars nun Mönche festgenommen, sie misshandelt und gar exekutiert hat, wird der Gegenbewegung nur neuen ethischen Aufschwung geben. Zwar wird man nun von öffentlichen Demonstrationen grösseren Ausmasses absehen, um nicht Gefahr zu laufen, ebenfalls durch den Apparat festgenommen zu werden. Kann der Freiheitskampf aber lange genug geführt werden, könnte dies tatsächlich zu einem wichtigen Umschwung in Myanmar führen. Es bleibt mir in der wohlbehüteten Schweiz leider nichts anderes übrig, als den Menschen dort in ihrem Kampf viel Glück und Ausdauer zu wünschen. Ich hoffe, dass es meinen Freunden gut geht und auch in Zukunft gut gehen wird. Ein Grossteil der Welt richtet, auch dank des Internets, seinen Blick nach Myanmar. Dabei teilen wohl alle die Hoffnung, dass das Land jene Regierung erhält, die es verdient.