Neue alte Anforderungen an die Cyber-Generation Marc Ruef | 05.11.2007 Viele Leute meinen, dass ich nur so von Technomanie strotzen würde. Schliesslich gehöre ich zur Zunft der Informatiker und die haben ja schliesslich nichts anderes im Kopf, als Computer und kleine technische Geräte. Falsch. Ich mag weder Computer noch kleine technische Geräte. Ich bin mir lediglich der Vorteile der effizienten Nutzung dieser zur performanten Erledigung spezifischer Aufgaben bewusst. Eigentlich ein sehr ökonomischer Wesenszug. Ich besitze seit bald 15 Jahren keinen Drucker. "Wieso das?", werde ich immerwieder gefragt. Ganz einfach: Ich brauch es nicht. Was gibt es auf diesem Planeten, was ich unbedingt aus einer elektronischen Form auf Papier bringen müsste? Eine Adresse oder Telefonnummer kann ich mir auch aufschreiben. Oder ich speichere sie elektronisch(!) in meinem Mobiltelefon. Wahre ich nämlich den digitalen Zustand der Information, kann ich sie unkompliziert weiterverarbeiten. Datenverarbeitung, darum gehts ja mitunter in der Informatik. Und nicht um Drucker und Papier. Wo wir gerade von Mobiltelefonen sprechen. Ich weigere mich seit eh und je, einen "coolen" Klingelton zu haben. Meine Telefone klingeln immer gleich: Wie Telefone. "Aber das ist doch nicht zeitgemäss, ja gar langweilig", hat man mir auch schon gesagt. Nein. Es lohnt sich nicht, ein MP3 meines Lieblingslieds aufzuspielen, weil ich ja sowieso im besten Fall nur die ersten 10 Sekunden dessen höre (Bei Tool wäre das eine Unsinnigkeit sondergleichen). Es schmerzt mich mehr im Herz, dass ein gutes Lied mittendrin unterbrochen wird, weder dass ich von einem Telefon-Klingelton angeklingelt werde. Bin ich zudem unterwegs und höre irgendwo mein "Lieblingslied", woher soll ich dann wissen, dass das mein Telefon ist? Es laufen ja eh überall Radios oder TVs. Und meistens hör ich sowieso MP3s auf meiner Sony PSP. Ich müsste mich noch viel mehr darauf konzentrieren, ob mein Telefon nun klingelt oder nicht. Ich kauf mir doch keinen überteuerten Technikschrott, um mich dann auch noch darauf konzentrieren zu müssen, wenn Leute mich stören. Wo kommen wir denn da hin? Es stimmt halt schon: "Mit dem Computer lösen wir vorwiegend Probleme, die wir ohne ihn nicht hätten." Eine Freundin hat mir davon berichtet, was sie von einer Vorlesung eines japanischen KI-Forschers gehört hätte. Dieser habe in vollem Eifer erzählt, dass in absehbarer Zeit Androiden geschaffen werden können. Diese menschenähnlichen Roboter seien in der Lage, auf seine Kinder aufzupassen, während er seiner Arbeit nachgeht. Meines Erachtens zurecht war sie entrüstet, dass sein Schluss nicht umgekehrt (oder wenigstens bidirektional) ausfiel: "Roboter schaffen, um Arbeiten zu erledigen, damit man Zeit für seine Kinder hat." Mit all den Computern um uns herum vergessen wir gerne, dass es um den Menschen zu gehen hat. Ein Computer kann einen Menschen ersetzen. Jedoch nicht in Bezug auf die Menschlichkeit; wieso sollte er überhaupt? Maschinelle Abläufe, für die der Mensch von Natur aus nicht geschaffen wurde (sehr aufwändig, gefährlich oder anstrengend), die sollten durch Roboter übernommen werden. Alles andere hat die Domäne der natürlichen humanoiden Lebensformen zu bleiben. In einer idealen Welt sollten Roboter ausschliesslich dabei helfen, dass ein jeder Mensch in der Maslow'schen Bedürfnispyramide die Spitze der Selbstverwirklichung erreicht. Dass dies auch noch durch die Roboter abgenommen wird, wäre eine Perversion sondergleichen. Unsere Generation tut gut daran dies zu verinnerlichen und der nächsten Generation weiterzugeben. Die von Isaac Asimov erstmals in seiner Kurzgeschichte "Runaround" (1942) als Grundregeln des Roboterdienstes beschriebenen Robotergesetze sind und bleiben daher sehr wichtig für die Zukunft. Schliesslich müssen sich Roboter an die Vorgaben halten, um für uns Menschen auch von Vorteil zu sein. Zeitgleich wird es aber umso wichtiger, dass es sogenannte Mensch-Maschinen-Gesetze gibt, die den Verhaltenskodex des Menschen gegenüber Maschinen charakterisieren: 1. Stelle eine Maschine nie über einen Menschen (oder ein anderes Lebewesen). 2. Nutze eine Maschine nach Möglichkeiten immer dann, wenn sich durch sie ein Mensch entlasten lässt. 3. Eine Maschine darf nie zur Schädigung oder Behinderung eines Menschen eingesetzt werden. Eine der grössten Herausforderungen der nächsten Generation wird es sein, sich in ethisch-moralisch richtiger Weise auf diese Aufgabe einzustimmen. Vielleicht sollten die Prinzipien dessen in einem neuen Schulfach "Robotismus" oder allgemein "Ethik" gelehrt werden: Wann nutze ich eine Maschine und wann arbeite ich lieber selbst? Für viele scheint diese Frage nämlich sehr schwierig "richtig" zu beantworten zu sein.