Manche Kriege kann man nicht gewinnen Marc Ruef | 18.02.2008 Männer tendieren dazu, sich für Technik und Elektronik zu begeistern. Obschon ich ein entschiedener Gegner von Gewalt bin, oder gerade deswegen, interessieren mich die Entwicklungen auf dem Waffenmarkt. Bei der Forschung und Umsetzung neuer Waffensysteme werden immerwieder gute Konzepte entdeckt oder verfeinert. Sie können nicht selten als Grundlage für Möglichkeiten, die sich auch im zivilen Bereich anwenden lassen, herhalten. Als ich denn so die typischen Videoplattformen nach neuen Beiträgen zu den jüngsten Waffensystemen durchstöbert habe, bin ich auf das Non Line Of Sight Launch System (NLOS) (http://www.youtube.com/watch?v=tFAAvfx8XZ0) gestossen. Hierbei handelt es sich um einen mannhohen Kasten mit etwa anderthalb Quadratmetern Grundfläche. Das komplett elektronisch gesteuerte System ist in der Lage 15 voneinander gänzlich unabhängige Raketen abzufeuern. Diese weisen zudem eine intelligente Zielsuche, basierend auf einer automatischen optischen Erkennung, auf. center/center Ja, ich muss zugeben, dass mich dies beeindruckt. Schnell und effizient agiert das System, welches einen äusserst agilen und wohl zu grossen Teilen verlustfreien Angriffskrieg führen lässt. Mussten früher noch ganze Kompanien verschoben und Panzer eingeflogen werden, kann nun relativ unkompliziert und schwierig zu entdecken eine Basis für Angriffe geschaffen werden. Als ich das Video so sah, surrte mir aber einige Male folgender Gedanke durch den Kopf: "Und wieso haben die Amerikaner den Irak-Krieg noch immer nicht gewonnen?" Mich noch während dem Schauen des Betrags mit dem provokanten Gedanken befassend, erkannte ich hier einmal mehr das grundlegende Prinzip der Kriegsführung: "Kannst Du einen offenen Krieg nicht gewinnen, dann zwinge Deinen Gegner zu einem verdeckten Krieg." Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich die Live-Bilder im Fernsehen gesehen habe. Damals, als der wohl nicht so erfahrene Soldat die US-Flagge über das Haupt der Saddam-Statue, welche symbolisch zu Fall gebracht werden sollte, stülpte. Mit diesem Zeichen, das ein bisschen an das symbolträchtige Bild der Schlacht um Mount Suribachi erinnert, sollte das Ende des Kriegs eingeläutet werden. Es verging dann auch nur verhältnismässig wenig Zeit, bis der Diktator per Zufall aus seinem Erdloch gezerrt, vor ein Gericht gestellt und sehr unprofessionell gehängt wurde (zu viele politisch motivierte Emotionen, zu langes Seil). Der Krieg scheint jedoch bis heute nicht zu Ende. Schon beim Einmarsch habe ich gesagt, dass sich die Staaten mit diesem Eingriff ein zweites kleines Vietnam schaffen werden. Wirklich offensichtlich schien es, dass die nationalen Streitkräfte aufgrund des eindeutigen Kräfteungleichgewichts ihre offiziellen Waffen niederlegen würden. Ein vermeintlicher Rückzug und die Neugruppierung im Untergrund sollte die zweite Phase des Kriegs einläuten: Der Guerillia-Krieg. Dieser basiert darauf, den Gegener mit unkonventionellen Waffen und Sabotage-Akten so lange zu schwächen, bis dieser von der Durchsetzung seiner Interessen absieht. Üblicherweise versucht man die Versorgung des Gegners zu unterbrechen: Das Zerstören von Brücken und Strassen, das Vergiften von Wasser oder das Verbrennen angebauten Essens ("Verbrannte Erde") sind bekannte Vorgehensweisen. Hans von Dach (http://de.wikipedia.org/wiki/Der_totale_Widerstand) lässt grüssen. Hat man es mit einem hochgradig technologisierten Gegner zu tun, so wie es die USA nunmal sind, bieten sich weitere ANgriffsflächen an: Stromversorgung und Datenübertragungen sollen gestört werden, um die Grundlage der technischen Infrastruktur zu schwächen. Im besten Fall erreicht man damit, dass der Feind nur noch mit den gleichen Waffen kämpfen kann, wie man selbst: Granaten, Gewehre und Messer. Ab diesem Zeitpunkt hat man verschiedene Vorteile auf seiner Seite: So kennt man die Umgebung oftmals besser als der Gegner aus dem fremden Land. Dieser muss zudem in mühsamer Weise die Einführung und Versorgung der Truppen gewährleisten. Und der moralische Aspekt der Freiheitskämpfer lässt sich einfacher aufrecht erhalten. Alles in allem scheint der Krieg im Irak schlussendlich dennoch verloren. Da nützen auch ein M16A2 Sturmgewehr (600 $), ein erweiterter M1A2 Abrahams Panzer (4,3 Mio. $) oder ein voll ausgestattete AH-64 Apache Hubschrauber (18 Mio $) nur mehr wenig. Erst eine Neuordnung im Land, welche durch alle Parteien akzeptiert wird, kann Frieden bringen. Dieser lässt sich aber nicht durch andere Länder, und schon gar nicht durch die von vielen als Invasoren wahrgenommenen Amerikaner, erreichen. Diesen Krieg kann man so einfach nicht gewinnen.