Ein ungebetener Gast aus China Marc Ruef | 13.10.2008 Dem Schweizer wird nicht unbedingt nachgesagt, dass er gastfreundlich ist. Ich rede hier von einer herzlichen Gastfreundlichkeit, wie sie vorzugsweise in südländischen Gebieten anzutreffen ist (Viele Mexikaner sind "Gringos" gegenüber zwar auch alles andere als gastfreundlich!). Bezüglich Einwanderungs- und Asylpolitik steht die Schweiz hingegen nicht mal so schlecht da. Auch wenn die letztjährige Wahlkampagne der SVP mit den umstrittenen Schafen (http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/Das-SVPSchaf-reist-um-die-Welt/story/24832616) weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Blochers Partei scheint bei den Bundesratswahlen dafür und für die anderen populistischen Machenschaften einen politischen Denkzettel verpasst gekriegt zu haben... Ich selbst bin eigentlich auch nicht wirklich gastfreundlich (wieder im herzlichen Sinn gesehen!). Ständig versuche ich die Menschen gleich zu behandeln, egal ob sie nun meine Gäste sind oder nicht. Überdrehter Schmus kriegt also keiner meiner Gäste zu hören. Er soll sich schliesslich wie zu Hause fühlen und nicht wie auf einer dieser Kaffeefahrten, wo man schlussendlich einen lumpigen Teppich aufgeschwatzt bekommt. Kaffee mag ich sowieso nicht und ein Teppich ist nur interessant, wenn er fliegen kann. Meine Kommunikationsfreudigkeit spiegelt sich hingegen unweigerlich im sehr intensiven Mailverkehr, den ich seit vielen Jahren mit den verschiedensten Menschen pflege, wieder. Die jeweiligen Webseiten und Projekte, die ich betreue, exponieren mich schliesslich zu einem gewissen Grad. Und so gibt es immerwieder den einen oder anderen, der mit mir über etwas diskutieren möchte. Ich schätze das sehr, auch wenn mir oft die Zeit fehlt, all den vielen Schreiben eben jene Aufmerksamkeit zu schenken, die sie eigentlich verdient hätten. (Momentan warten 41 Emails in meiner Inbox auf eine Antwort.) Mehrmals täglich schaue ich auch auf computec.ch vorbei, um zu sehen, ob alles rechtens ist: Streitereien im Forum sollen schliesslich frühzeitig erkannt und mit argumentativer Gerechtigkeit - dabei immer Bezug nehmend auf die Seitenregeln (http://www.computec.ch/forum.php?rules) - geschlichtet werden. Nur so lässt sich ein angenehmes Klima, das wohl alle Besucher schätzen, aufrecht erhalten. Bei einem meiner kurzen "Kontrollbesuche" war ich überrascht, als mir die Übersicht auf new.php plötzlich 158 neue Kommentare darlegte ... So viele neue Kommentare in den letzten 30 Minuten? Drei Sekunden später realisierte ich, dass hier ein Spammer sein Unwesen trieb. Als ich einen seiner Beiträge untersuchte, bemerkte ich, dass es sich um das übliche Werbegeschwülst für dubiose Webseiten ("Nude teens for free!") handelt. Eigentlich sollte der manuelle Anmeldeprozess zur Webseite, der ein Captcha sowie eine Bestätigung per Email (Aktivierungslink) erfordert genau solche Zeitgeister an ihrem Treiben hindern. Zudem habe ich das genutzte Content Management System in derartiger Weise modifiziert, dass es sich nicht einfachso durch die vorgefertigten Spam-Bots nutzen lässt. Umso mehr habe ich mich über den ungebetenen Gast, dessen Herkunft ich auf China eingrenzen konnte, geärgert. Zum Glück bin ich flink mit meinen Fingern: Keine zwei Minuten nach dem Absetzen des ersten Spam-Beitrags habe ich mit einer knappen SQL-Anweisung alle Kommentare wieder gelöscht und das missbrauchte Konto blockiert (Das gibt zusätzlich -5000 AP!). Zudem habe ich in der zentralen Funktion des CMS eine zusätzliche Option für Zugriffsfilter integriert: Leserechte haben nach wie vor alle Besucher. Doch die Möglichkeit Beiträge auf der Seite mittels POST-Zugriff abzusetzen, ist einigen IP-Adressbereichen nicht mehr möglich. Die wenigsten Chinesen haben schliesslich ein wahres Interesse daran, einen deutschen Beitrag auf einer Schweizer Webseite abzusetzen. So kann ich meinem Motto treu bleiben: Informationen müssen frei sein (Schreibrechte hingegen nicht). Aus reinem Interesse habe ich eine kleine Alert-Funktion eingebaut, um zu sehen, ob und inwiefern mein chinesischer Spam-Kamerad seinen Bot modifizieren wird. Und in der Tat hat er es noch ein paar Mal versucht, meine Seite mit seinem Geschwall vollzumüllen. Die neue Filterfunktion hat sich jedoch wacker geschlagen. Ich musste lachen. Und gleichzeitig machte es mich traurig, dass hier mal wieder jemand das wunderschöne Medium Internet für seine hirnrissigen und damit äusserst zwielichtigen Aktivitäten missbraucht. Genau wegen solchen Leuten macht das Leben in gewissen Situationen nicht so viel Spass, wie es machen könnte. Schade. In diesem Sinne: "ni hao, xian di!" PS: Schon gewusst, dass "xing" auf Chinesisch Lust, Freude oder Interesse heisst? Und das chinesische Wort "dian nao" für Computer richtigerweise mit "Elektronengehirn" übersetzt werden müsste? Wohingegen eine klassische Rechenmaschine als "ji suàn ji" bezeichnet wird. So, ich esse nun einen "bing gan"...