"Ich hab keine Ahnung. Also lass uns diskutieren!" Marc Ruef | 24.11.2008 Früher war ich ganz extrem: Der Austausch von nicht erforderlichen Informationen, also das sinnlose Herumlabbern, war mit gänzlich zuwider. So erachtete ich eine Diskussion nur dann als wertvoll, wenn die involvierten Parteien sich auf den reinen Datenaustausch konzentrierten. Jedes unnütze Wort, jede nicht erforderliche Geste erschien ineffizient und daher zu verhindern. Heutzutage bin ich da weniger strikt eingestellt, finde es durchaus ab und an lustig etwas Sinnloses zu sagen oder den reinen "Informationsblock" mit blumigen Details ein bisschen aufzulockern. Dennoch mag ich es selbst jetzt noch nicht, wenn jemand wirklich nur Stuss von sich gibt, irgendwas daherplappert und damit meine kostbare Energie für diese sinnlose Datenaufnahme und -verarbeitung verschwendet. So war ich eines Tages bei einem Kunden und tat mich an einem Citrix Penetration Test gütlich. Eigentlich eine sehr spannende Sache, wenn es doch nicht immer so einfach wäre, mir auf dem Presentation Server und den umliegenden Hosts erweiterte Rechte zu holen. So klick ich dann meist eher lustlos herum, um zum tausendsten Mal eine zusätzliche Applikation zu starten, eine unerlaubte Instanz von cmd.exe auszuführen oder den naheliegenden Fileserver zu durchwühlen. Auf einem Ohr hörte ich sodann einer Diskussion zwischen zwei Engineers, die sich im Grossraumbüro direkt hinter mir befanden zu. Sie sprachen über das NX-Bit, mit welchem das ungewollte Ausführen von injiziertem Programmcode durch den Prozessor verhindert werden sollte. Mit einem mich schaudernden Halbwissen wurde das Prinzip der "Technologie" skizziert. Soetwas macht mich verrückt und deshalb versuchte ich angestrengt, nicht mehr hinzuhören. Aaaah...! (Den gleichen Effekt hatte ich gestern Abend, als ich versehentlich einem "Internet-Spezialisten" bei Planetopia (http://www.tvspielfilm.de/programm/tagesprogramm?sendungs_id=13718796) zugesehen habe, wie er sehr böse Computerviren "findet".) Immerwieder bin ich erstaunt, dass vermeintlich kompetente Leute in den IT-Abteilungen der Grossfirmen über grundsätzliche Dinge nicht Bescheid wissen. Treffe ich mal ein Windows-Administrator, der sich wirklich mit NTFS auskennt, fall ich unweigerlich auf die Knie - Schliesslich ist das fast so selten, wie beim Sonnenbaden von einem Blitz getroffen zu werden. Oder fast noch seltener, wie einen Projektleiter zu treffen, der die Unterschiede von symmetrischer und asymmetrischer Verschlüsselung verstanden hat. Das Aneignen von Wissen ist heutzutage eigentlich ungemein einfach. Auf WikiPedia kann man sich in der Regel einen guten Überblick verschaffen. Dadurch lassen sich die Buzzwords des Genres aufsaugen, wodurch sich auf Google einer detaillierten Suche angenommen werden kann. Innert Minuten sollten sich die Spezifikationen zu technischen Details finden lassen. Es gibt heutzutage einfach keine Ausrede mehr, "nichts" über das SMTP-Protokoll zu wissen oder die Details zu IEEE 802.11 nicht zur Hand zu haben. Ergo ist es ebenfalls verboten Halbwissen zu verbreiten. Doch was will man machen. Im Land der Blinden wird der Einäugige zum König. Und im Land der Nichtswisser wird der Halbwisser zum Fürst. Manchmal wünschte ich mir gerade deswegen, dass ich im Land der Taubstummen leben würde (natürlich im übertragenen Sinn). Dort wird wenigstens darauf verzichtet, irgendwelches Halbwissen in unwichtigen Gesprächen weiterzutragen.