Der biometrische Pass wurde angenommen Marc Ruef | 18.05.2009 Wie in meinem vorherigen Blog Beitrag (http://www.computec.ch/news.php?item.280) erläutert, fand dieses Wochenende in der Schweiz die Abstimmung zur obligatorischen Einführung des biometrischen Passes im Jahr 2010 statt. In meinen Zeilen habe ich meine Bedenken geäussert und deshalb ein Nein vorgeschlagen. Zu gross sind die Risiken in Bezug auf technische und organisatorische Aspekte der vorgetragenen Lösung. Leider wurde in der Abstimmung durch das Volk die Einführung des biometrischen Passes angenommen (http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/biometrischer_pass_zustimmung_1.2571948.html). Die Prognosen sahen dies ursprünglich mit einer knappen Mehrheit vor. Doch wirklich interessant daran ist, dass es sich hierbei um das knappste Resultat (http://www.20min.ch/news/dossier/abstimmresultat/story/28221608) einer Volksabstimmung in der Schweiz seit 1848 handelt. Die Annahme wurde mit 50,1 %, das Mehr betrug lediglich 5402 stimmen, durchgesetzt. Dies zeigt zwei Schwächen auf. Einerseits müssen nun mindestens 49,9 % der Schweizer Bürger eine Entscheidung mittragen, die sie nicht hat mittragen wollen. Dies ist die maximale Grösse an Unzufriedenheit, die in einer solchen Abstimmung auftreten kann. Andererseits hat das in der Abstimmung zum Tragen gekommene System den Mehrheitsentscheid in diesem Fall negativ ausgelegt. Zwar sagen 16 der 26 Kantone Nein zum biometrischen Pass, aber das Ständemehr ist bei Referendumsabstimmungen nicht nötig. Von den bevölkerungsreichsten Kantone stimmte nur Zürich mit 52 % dafür. Der Kanton Bern lehnte die Vorlage mit 50,4 % ab. Kritiker des biometrischen Passes sehen den Hauptgrund des Resultats in der fragwürdigen Informationspolitik des Bundesrats und der involvierten Firmen. So empfahl der Bundesrat, allen voran Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die unbedingte Annahme des neuen Passes. Schliesslich sei man aufgrund des Schengen-Abkommens zur Einführung dessen verpflichtet, eine Ablehnung würde konsequenzen - vor allem bezüglich der Einreise in die USA - haben. Die technischen Mängel, die vielerorts diskutiert wurden, wurden buchstäblich abgetan und auf die angebliche Fälschungssicherheit der neuen Lösung verwiesen (http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/abstimmung_reaktion_bundesrat_couchepin_widmer_schlumpf_1.2572568.html). Als paranoid und unsachlich wurden die Kritiker bezeichnet. Schade, dass hier bis zum Schluss kein echter Dialog zustandegekommen ist. Meines Erachtens ist es undemokratisch, das Schengen-Abkommen unumstösslich an derlei einschneidende Massnahmen zu binden (http://www.nzz.ch/hintergrund/dossiers/volksabstimmung_vom_17_mai_2009_/einfuehrung_von_biometrischen_paessen/ueberladenes_fuder_beim_biometrie-pass_1.2545641.html). Das Volk hatte schliesslich keine echte Wahl, ob es den biometrischen Pass akzeptieren soll oder nicht. Man konnte lediglich zwischen zwei Übeln wählen: Entweder entscheidet man sich für ein unsicheres System zu Gunsten der Reisefreiheit oder man verwehrt sich den unausweichlichen Risiken der Informationssicherheit und muss mit Einschränkungen der Reisemöglichkeiten rechnen. An manchen Stellen wurde diskutiert, dass vor allem die ältere Generation aufgrund ihres technischen Unverständnisses oder der vorherrschenden Gleichgültigkeit ("Betrifft mich ja nicht mehr") dieses knappe Resultat provoziert hätten. Es ist schon bezeichnend, dass ein überparteiliches Komitee der Jungparteien einheitlich ein Nein postuliert haben. Genau jene Generation (http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/parteien_politik_jungparteien_1.2533018.html) der 18 bis 30-jährigen, die mit Computern grossgeworden sind und sich mit der Sicherheitsproblematik von Plattformen wie Facebook auseinandergesetzt haben. Für einmal, so schien es, sollte die Weitsichtigkeit und Weisheit bei den Jungen liegen und die Älteren der naiven Gutgläubigkeit nachhängen. Das Politisieren geht hierzulande nun ähnlich weiter, wie es in Deutschland bezüglich der Kinderporno-Sperre getan wurde. So betonte Widmer-Schlumpf, dass die Daten des neuen Passes derzeit nicht für die Fahndung eingesetzt werden würden. Man beachte dabei den Zusatz "derzeit", der dem Satz eine zeitliche Begrenzung offen lässt. Die Chancen sind meines Erachtens bei 100 %, dass in den kommenden Jahren vermehrt an diesem im Abstimmungskampf immer wieder vorgetragenen Einschränkung gezerrt werden wird. Diverse Politiker äussern sich ganz konkret zu solchen Wünschen nach Überwachung. Der knappe Entscheid hat jedoch auch etwas Gutes. Die SVP und die SP wollen mit parlamentarischen Vorstössen verhindern, dass ebenfalls die Identitätskarte mit biometrischen Daten bestückt werden soll. Wer also keinen Pass braucht und sich nicht den Risiken dessen aussetzen will, der könnte weiterhin eine Identitätskarte beantragen. Zum Glück habe ich kurz vor der Einführung des RFID-Passes eben noch einen klassischen Pass ohne RFID machen lassen. Dieser ist bis 2016 gültig. Mit einem gewissen Bedauern hoffe ich, dass bis dann der Supergau mit RFID und den biometrischen Daten schon eingetreten ist und unverzüglich ein Umdenken stattfindet. Ich habe noch immer die Hoffnung in die Schweizer Politik und das Schweizer Volk, dass es aus Fehlern lernen kann. Und die Annahme des biometrischen Passes ist, auch wenn man mir nun undemokratisches Gehabe vorwerfen könnte, ein Fehler gewesen.