Free Consulting for All Marc Ruef | 13.07.2009 Geld hat für mich noch nie eine grosse Rolle gespielt. Klar, es ist schön, wenn man sich zwischendurch einen materiellen Traum erfüllen kann. Doch von Vornherein sollte man wissen, dass sich durch Besitz oftmals nur kurzfristig Freude erkauft werden kann. Glücklichsein muss man sich wohl erarbeiten. Und wie das Wort schon vermuten lässt, ist es ein Zustand des Seins und nicht des Habens. Schon sehr früh habe ich mich also darum bemüht, an der Spitze der maslow'schen Bedürfnispyramide anzukommen und meiner Selbstverwirklichung nachgehen zu können. Damit geht einher, dass man das machen kann, was einem Spass macht. Dies scheint der wahre Luxus zu sein: Auf Dinge, die man nicht mag, verzichten zu können. Meine Selbstverwirklichung war und ist massgeblich mit dem Ausprobieren und Erarbeiten von Gedankenspielen verknüpft. Diese schreibe ich gerne nieder oder erkläre sie, damit auch andere sich an ihnen erfreuen oder sie gar als Grundlage für ihr eigenes Schaffen heranziehen können. Nicht umsonst habe ich schliesslich eine Vielzahl an Publikationen (http://www.computec.ch/mruef/?s=publikationen) verfasst, in denen ich mich mit den Dingen auseinandersetze, die mich beschäftigen. Eine getätigte Arbeit wird damit auch für andere greifbar, ohne dass sich diese ebenso durch die Mühen der Erarbeitung schlagen müssen. Eine der Folgen davon ist, dass ich immerwieder Zuschriften von Leuten erhalte, die in einem mir bekannten oder mich in irgendeiner Weise tangierenden Gebiet um Rat fragen. Nicht selten sind es konkrete Projekte, die sie zu bewältigen haben. Sei dies nun die Erstellung eines Zonenkonzepts in einem Netzwerk, das Ausarbeiten einer Richtlinie für Passwörter in einem Unternehmen oder das Entwickeln einer verteilten Intrusion Detection-Lösung. Es ehrt mich natürlich, wenn sich Leute an mich wenden, die ihrerseits schon sehr viel geleistet haben und mich quasi noch das I-Püncktchen setzen lassen, um ihrer Arbeit einen weiteren Qualitätsschub zu gewähren. Nicht selten ist es aber auch so, dass ich mich ein bisschen darüber ärgere, dass die Leute eine Gratisberatung haben wollen. Manche Anschriften haben durch die Blume zu vermitteln gewusst, dass sie doch bis Anfang der kommenden Woche ein Grobkonzept für die Umsetzung einer Forensischen Analyse wünschen. Würde ich ein solches Dokument in meinem beruflichen Alltag ausarbeiten, wäre dies jenachdem ein Projekt mit mindestens drei veranschlagten Arbeitstagen. Und hier wird erwartet, dass ich sowas mal eben nebenbei in meiner Freizeit und unentgeltlich mache? Da ich sowieso eine Vielzahl an Zuschriften erhalte, hat sich bei der Beantworting meiner Emails eine gewisse Latenz eingependelt. Gegenwärtig habe ich 199 unbeantwortete Nachrichten in meiner Mailbox. Die meisten Absender müssen rund 3 Monate auf eine Antwort warten. In vielen Fällen ist es dann sowieso zu spät, um mit dem ach so dringenden Grobkonzept aufwarten zu können. Dennoch: Ich arbeite die Mitteilungen unablässig in sequentieller Weise durch. Schliesslich hat ein jeder ein Recht auf eine Antwort. Doch zugleich muss ich unbeirrt darauf hinweisen, dass diese Antwort mit meinen eigenen Modalitäten versehen sein wird. Ich bestimme wann und wie ich antworte. Nicht allen Gesprächspartnern passt das immer in den Kram. Und wird es mir mal wirklich zu bunt, so weise ich mein Gegenüber gerne darauf hin, dass ich einen Kostenvoranschlag für ein Projekt ausarbeiten kann. Ab und an willigt jemand ein und dann merke ich, dass hier wirklich nach Qualität gesucht wurde. Viele andere winken dann aber plötzlich ab und die vermeintlich wichtige Aufgabe geniesst plötzlich keine Priorität mehr. Da bin ich natürlich dann oftmals auch froh, denn schliesslich muss ich nicht mehr 30 Minuten mit dem Ausarbeiten einer "Free Consulting"-Antwort verbringen. Die besten Absender sind übrigens jene, die nach meiner 3-Monats-Latenz nicht mehr erreichbar sind. Meistens Leute, die irgendwelche obskuren Hotmail- oder GMX-Adressen für sich in Anspruch nehmen. Das ärgert mich, weil ich ja erst nach dem Antworten merke, dass der Empfänger gar nicht mehr erreichbar ist. Wie wichtig kann eine Anfrage sein, wenn der Abender nach 3 Monaten schon wieder eine neue Mailadresse hat? Na ja, dabei handelt es sich sowieso meist um irgendwelche Cracker- und Serialz-Anfragen, die ich mit einem trockenen "Sorry, für solche Fragen bin ich die falsche Adresse" quittiere.