Twitter als neues Informationsmedium Marc Ruef | 13.12.2010 Ich würde mich nicht unbedingt als neophil bezeichnen. Zwar bin ich stetig durstig nach neuen Informationen. Diese konsumiere ich aber stets mit einer gewissen Skepsis. Schon viel zu viele Hypes haben meine Zeit verschwendet - Gerade im Computerbereich. Und deshalb warte ich heute oftmals erst ab, ob und wie sich ein neu anbahnender Trend überhaupt entwickeln wird. So klang zum Beispiel Bluetooth sehr interessant, vermochte es doch die Einschränkungen des angestaubten IrDA (Infrarot) zu verdrängen. Doch die Inkompatibilitäten der ersten Implementierungen waren derartig abschreckend, dass ich - so wie viele andere auch - erst Jahre später den effektiven Nutzen der neuen Technologie geniessen konnte. Genau gleich verhielt es sich bei mir in Bezug auf Twitter (http://twitter.com). Generell ein Skeptiker des vermeintlichen Web 2.0 mit seinen Social Networks interessierte ich mich zu Beginn so gar nicht für den "hippen" Microblogging-Dienst. Ich schreibe gerne und viel und so tat ich mich schwer mit dem Gedanken, mich auf 140 Zeichen pro Nachricht beschränken zu müssen. Mein erster Gedanke war: Das ist etwas für die jüngere Generation, die mit SMS gross geworden ist und sich nicht an der Degenerierung der Sprache stören würde... Als ich dann Jahre später von Stefan (http://twitter.com/stfn42) dazu überredet wurde, doch ein Konto aufzumachen, war ich nach wenigen Tagen hellauf begeistert. Von nun an pflegte ich unter @mruef (http://twitter.com/mruef/) zu twittern. Im Grunde führte ich doch die Grundidee von computec.ch weiter: In erster Linie wollte ich auf Twitter referenzierende Lesetipps und kleinere Einblicke in meine Arbeit veröffentlichen - Halt nur noch auf 140 Zeichen als aggregierende Informationsdrehscheibe und nicht mehr in einem eigenen Dokumentearchiv und umfassenden Blog-Posts. Sehr schnell merkte ich, dass ein Grossteil der aktiven Security Researcher eine rege Nutzung von Twitter betreiben. Auch Leute, die keine eigenen Webseiten betreiben oder eine Vielzahl an Papers publizieren. Interessante Links, Hinweise auf neue Veröffentlichungen oder Anrisse zu Diskussionen spannender Projekte wurden schnell und effizient ausgetauscht. Die begrenzte Zeichenanzahl, die ich zuerst als Nachteil empfunden hatte, sollte plötzlich zum grossen Vorteil der Lösung werden. Geschwindigkeit ist Trumpf und stellt klassische Medien - vor allem im Printbereich - unverhohlen in den Schatten. Überhaupt habe ich gemerkt, dass sich seit 2007 meine Lesegewohnheiten stark verändert haben. Früher habe ich noch gerne ausschweifende und schwerfällige Literatur, jeweils samt Vor- und Nachwort, gelesen. Heute lese ich Bücher nur noch bruchstückhaft, konzentriere mich auf interessante Kapitel oder Passagen. Die meisten Informationen beziehe ich mittlerweile aus Blogs, wobei ich rund 120 RSS-Feeds abonniert habe (http://www.computec.ch/news.php?item.332). Alles, was damit an aktuellen Informationen nicht abgedeckt werden kann, wird mir durch Twitter geliefert. Was ich als interessant empfinde, feede ich in meinen Blogs (technische Details vor allem in den scip Labs (http://www.scip.ch/?labs)) und auf Twitter zurück. Aktualität spielt dabei mehr dennje eine Rolle. Ein Aspekt, den ich früher ganz absichtlich gescheut habe, um nicht dessen Druck unterworfen zu sein. Die Flexibilität und Effizienz von Twitter, gepaart mit der Synchronisation meines Google Reader auf iPad/iPhone ermöglichen, dass ich einer scheinbar unüberschaubaren Datenflut Herr werden kann. Twitter und RSS sind damit für mich zum zentralen Dienst des neuen Internet geworden.