Trolling als konstruktives Hobby Marc Ruef | 10.06.2014 Ich bewege mich nun seit bald 20 Jahren tagtäglich im Internet und habe schon so manche lustige, kuriose und absurde Geschichte gelesen oder war gar Teil davon. Die Summe der Ereignisse dieser Färbung und die mit ihr einhergehende gefühlte Zunahme hat mich dazu bewogen, viele Sachen nicht mehr oder nur noch beschränkt ernst zu nehmen. Die grundsätzlich damit mitschwingende Resignation hat bei mir den zusätzlichen Effekt ausgelöst, Dinge mit einem gewissen Mass an Ironie zu betrachten. Die nach Aussen gekehrte Folge davon war, dass ich angefangen habe in gewissen Situationen als Troll aufzutreten. Ganz offensichtlich, ganz ehrlich. Für dieses Tätigkeitsfeld bieten sich natürlich naive, dumme, provokante oder polemische Aussagen von Politikern besonders an. Sehe ich solche auf Twitter oder anderweitig im Netz, erlaube ich mir entsprechend zu reagieren. Wie zum Beispiel im Rahmen der Masseneinwanderunsinitiative, als ich mich bei Christoph Mörgeli (SVP) über die lange Schlange am Dönerstand beklagt habe (https://twitter.com/mruef/status/426430028575166464). Oder als ich mich im Rahmen einer Aussage zur Stipendieninitiative bei Aline Trede (Grüne) gemeldet hatte (https://twitter.com/mruef/status/446282745954971649). Oder als ich ein Kampfflugzeug auf dem Foto von Lukas Reimann (SVP) mit einem BMW verwechselt habe (https://twitter.com/mruef/status/454939549207371776). Oder als ich das ausbleibende Aufgreifen des Abschmetterns der Vorratsdatenspeicherung in der EU durch die Piratenpartei Schweiz kritisiert habe (https://twitter.com/mruef/status/454941474980114433). Wen ich gerade trolle, spielt für mich eigentlich keine Rolle. Von Links bis Rechts findet sich immer jemand, der sich ungeschützt exponiert, um sich dann einer nicht ganz ernst gemeinten und doch eigentlich ernst gemeinten Aussage von mir ausgesetzt zu sehen. Dabei möchte ich beim Gegenüber und bei Mitlesern zum Denken anregen. Jemanden zu verletzen liegt mir fern. Und es kommt doch zwischendurch vor, dass jemand mein Spiel durchschaut und mit einem sehr cleveren Konter auftrumpft. Aline Trede hat bei mir zum Beispiel viele Pluspunkte (https://twitter.com/alinetrede/status/446285897701801984) gesammelt. Und auch die Antwort der Piraten war nicht schlecht (https://twitter.com/ppsde/status/454949857116319745), auch wenn sie den Kontext des Problems einmal mehr komplett ausblendet. Bezeichnen wir dies also fairenhalber als Gleichstand. In diesem Kontext drängte sich mir aber viel mehr die Frage auf: Sind Studenten so früh an einem Samstag überhaupt schon wach? Wenn sich dann doch mal jemand düpiert sieht, dann amüsiert mich das. Denn dann scheine ich einen wunden Punkt getroffen zu haben. Durch das Auslösen von Emotionen wird zwangsweise der Denkprozess in Bewegung gesetzt. Das ist ja meistens schon mal ein Anfang. In diesem Sinne wünsche ich mir noch viele Stunden des fröhlichen Trollings.