Das LOLA-Prinzip - Eine kritische Analyse
Marc Ruef <marc.ruef@computec.ch>

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Kritik

2.1 Ökonomie in Perfektion

2.2 In sich geschlossene Widersprüchlichkeiten

2.3 Überspitzte Äusserungen für Blinde

2.4 Produktiver Nihilismus

2.5 Das Unterbewusstsein und das Bewusstsein

2.6 Die Ohnmacht des Menschen

2.7 Zufall oder Absicht des Unterbewusstseins

2.8 Theorie und Praxis

3 Fazit


1 Einführung

Mittelpunkt meiner kritischen Analyse ist das viel gelobte Buch "Das LOLA-Prinzip" vom schweizer Ökonom René Egli:

Das LOLA-Prinzip oder Die Vollkommenheit der Welt
René Egli
Preis: DM 39,80 / EUR 20,35
Gebundene Ausgabe
221 Seiten
24. Aufl. (1999) Ed. d'Olt, Oetwil
ISBN: 3952060607

2 Kritik
In diesem Kapitel widme ich mich den für mich als relativ offensichtlich erscheinenden Widersprüchlichkeiten des von René Egli publizierten LOLA-Prinzips.

Die Analyse ist unweigerlich sehr stark auf mein eigenes Denken ausgerichtet, so dass für viele eine objektive Urteilsbildung durch mich als Utopie abgeschlagen werden könnte. Ich habe trotzdem versucht weitesgehend als Aussenstehender ein unverfälschtes Urteil zu bilden und zu Papier zu bringen.

2.1 Ökonomie in Perfektion

Der Klappentext auf der Rückseite des Büches beschreibt René Egli folgendermassen:
[...] Als Betriebswirtschaftler und Ökonom hat er viele Jahre in der Informatikbranche gearbeitet, [...]
Auch in der Einleitung II (S. 12) streitet der Autor nicht ab, wo seine Wurzeln zu suchen sind:
Ich bin in erster Linie Ökonom, und diese Tatsache wirkt sich natürlich im LOLA-Prinzip aus.
Sein als Antrieb durch die Ökonomie geprägtes Denken wird erstmals im Kapitel "Worauf es im Leben ankommt" (S. 15) deutlich:
Wie komme ich mit einem Minimum an Aufwand und so schnell wie möglich von einem IST-Zustand zu einem SOLL-Zustand?
Bisweilen erscheint mir seine Darlegung  vom wirtschaftlichen und kapitalistischen Standpunkt her logisch und durchwegs nachvollziehbar. Doch in folgender Aussage (S. 15/16) wird eine unverkennbare Starrköpfigkeit offenbahrt:
Ich habe noch niemanden angetroffen, der seine Ziele mit möglichst viel Aufwand und möglichst langsam erreichen wollte.
Hier ist aus meiner Sicht eindeutig der engstirnige Wirtschafts-Ökonom mit Egli durchgegangen und der tugendhafte Philosoph auf seinen Platz verwiesen worden. Ich klammere mich krampfhaft an der Behauptung fest, dass die Vorfreude die schönste aller Freuden ist. Jene sollte man sich so lange wahren können, wie es einem auch nur möglich ist. Wer seine Vorfreude mit hektischem Verlangen abtötet, der wird sich selber seine Grenzen enger auferlegen, weder ihm lieb gewesen wäre.

Folgend eine von mir sehr stark gekürzte Aussage Eglis im Kapitel "Das menschliche Potential" (S. 72/73):

Das menschliche Potential - Ihr Potential - besteht aus zwei fundamentalen Eigenschaften: aus Energie und Intelligenz. [...] Wir kommen jetzt zur Frage, ob das menschliche Potential begrenzt oder unbegrenzt sei. [...] Ich gehe von der Annahme aus, dass beide, Energie und Intelligenz, grenzenlos sind; somit ist auch das menschliche Potential grenzenlos.
Ich nehme in zweierlei Hinsicht anstoss an dieser physikalischen und naturwissenschaftlichen Tirade:
1. Energie kann nicht verschwinden, sondern nur in andere Energieformen umgewandelt werden. Möchten wir nun unser Potential steigern, so bedürfen wir ein Mehr an Energie. Ob diese nun spiritueller (Liebe) oder natürlicher (Speis und Trank) Herkunft ist, macht für meine Antithese keinen Unterschied: Wer Energie an sich reisst, der befördert sie von einem Punkt zum anderen; die Energie wird quasi "weggenommen". Wo wir diese Energie hernehmen kann uns als Egoisten egal sein: Ob wir nun alle Kartoffel-Vorräte unserer Erde zur Selbstverherrlichung aufbrauchen und die Natur uns Ungleichgewicht stürzen oder uns mit physischer Gewalt gegen andere Menschen ein sozial stabileres Leben verschaffen und Unruhen in unserer Rasse heraufbeschwören; alles sei uns erlaubt.

2. Der Mensch ist weder psychisch noch physisch vollkommen. Ein Arbeitstier, das 20 Stunden am Tag Geld scheffelt, wird früher oder später an seiner Aufopferung zugrunde gehen. Dem menschlichen Potential sind ganz sicher Grenzen gesetzt, auferlegt von seiten der Natur.

2.2 In sich geschlossene Widersprüchlichkeiten
Der Autor René Egli ersucht die Leser seiner Niederschrift um eine immerwährende "tabula rasa": Vorurteile und Urteile sind bestmöglich abzulehnen. Sehr schön greift er die Thematik im folgendem Satze aus dem Kapitel "Die Vertreibung aus dem Paradies" auf (S. 20):
Von genau dem Moment an, da wir mit dem Unterteilen in Gut und Böse begonnen haben, haben wir unsere Probleme begonnen.
Seine Aussprechung gegen Urteilsbildungen zu jeglichem Zeitpunkt widerspricht sich jedoch selber, denn mit diesen Worten wird jene Aussage vertreten, dass die Bildung dieser beiden als etwas minderwertiges, gar schlechtes angesehen werden muss. Also schlichtweg ein Urteil.

Auf der gleichen Seite führt er seine These folgend (S. 20) weiter aus, die den Analytiker aufschrecken lässt:

Dieses Aufteilen in Gut und Böse ist eine rein menschliche Eigenschaft. Die Natur teilt nicht; die Natur richtet nicht.
Ist es nicht die Natur, die uns tagtäglich das anarchistische Schauspiel vorträgt und uns mit dem kosmischen Richten der Umwelt konfrontieren lässt? Nicht nur das Zebra muss sich vor den Reisszähnen des Löwen in Acht nehmen. Auch die in der Pflanzenwelt bekriegen sich die stillen Protagonisten. Jeder will sich einen Vorteil ereifern, um dem Gegenüber im Vorteil zu sein und seiner Art eine möglichst glorreiche Zukunft gewähren zu können.

Käme der aktuelle Mensch in den Genuss des Verlusts jeglicher Urteilsbildung, so wäre eine Inkonsequenz in höchstem Masse an der Tagesordnung. Stellen Sie sich vor, sie bestellen über das Internet ein Buch von beachtlichem finanziellen Wert. Die Verkaufsstelle wird Ihnen eine Vorauszahlung aufzwingen, der Sie ohne Widerspruch am selbigen Tage nachkommen werden. Es wurde Ihnen bei der Absprache versichert, dass sie das Objekt Ihrer Begierde innert 10 Tagen nach der Einzahlung in Ihren Händen halten werden können. Die Wochen streichen ins Land und das gewünschte Buch trifft nie bei Ihnen ein. Hielten Sie nun an die Religion Eglis fest, so würden Sie jeglichen Zorn fallenlassen und die dubiose Verkaufsstelle weiterhin als neutrales Objekt betrachten. Im schlimmsten Falle würden sie gar nocheinmal etwas bestellen, eine Einzahlung tätigen und temporär enttäuscht werden. Ein Mensch sollte einen Fehler lediglich einmal machen - Danach höchstens nur noch absichtlich.

Eine weitere in sich geschlossene Widersprüchlichkeit ist bezüglich des Marxistischen Kommunismus zwei mal im Buch gesehen. Siehe dazu "Produktiver Nihilismus".

Ganz und gar scheine ich nicht alleine mit meiner Meinung bezüglich den im LOLA-Prinzip vermerkten Widersprüchlichkeiten dazustehen. Eine Leserrezension bei Amazon.de führt auf das gleiche hinaus:

Die Grundlagen dieses Buches mögen ja in der Tendenz teilweise nicht zu bestreiten sein, aber die gesamte Logik des Autors unterliegt einem fundamentalen Widerspruch.
2.3 Überspitzte Äusserungen für Blinde
Sehr viele Erläuterungen des LOLA-Prinzips und die damit verbundenen Beispiele sind ungewöhnlich überspitzt inszeniert. Die Offenbarung des Hang zur Übertreibung durch den Autoren kann sehr ausprägsam in folgender Aussage (S. 60) des Kapitels "Die Folgen: die Probleme sind nicht lösbar" gefunden werden:
[...] Als Extrem-Beispiel - an Extremen sieht man gewisse Mechanismen am besten - nehme ich Jesus von Nazareth.
Ganz eindeutig geht daraus hervor, dass René Egli relativ aufdringlich seine Meinung vertreten will. Offenbahr hat er Angst, dass seine Leserschaft den subtilen Wink mit dem Zaunpfahl nicht verstehen könnte (Grund 1: Ein Buch für alle). Diese These wird folgendermassen durch den schweizer Hypnose-Therapist und -Ausbildender Dr. Zimmermann in seinem privaten Newsletter vom 5.7.99 (http://www.hpz.com/letter19.html) gestützt:
Das LOLA-Prinzip kann einen totalitären Eindruck erwecken. René Egli sagt mehrmals, das LOLA-Prinzip sei universell anwendbar. Ausserdem behauptet er, das LOLA-Prinzip sei nicht eine Methode, sondern schlicht und ergreifend das Leben selbst (das Egli gerne gross schreibt und mit drei Ausrufzeichen versieht... LEBEN!!! capito, baby?)

Falsch: Das LOLA-Prinzip ist nicht das Leben, sondern eines von vielen möglichen Modellen des Lebens. Und wenn Egli ein echter Wissenschaftler ist, wird er es als Hypothese betrachten. Zugegeben: Er hat eine Hypothese formuliert, die in meinen Augen funktioniert. Aber deswegen muss es noch lange nicht die alleinseligmachende Wahrheit sein. Wer immer auf dieser Welt behauptet, die Wahrheit zu kennen, ist in meinen Augen ein Scharlatan mit versteckten Guru-Ansprüchen.

Herr Dr. Zimmermann weist darauf hin, dass gar der Sekten-Informations-Verein "InfoSekta" eine kritische Analyse in Form eines Tätigkeitsberichts aus dem Jahre 1999 publiziert hat.

René Egli lässt unhinderlich die Grenzen zwischen Physik und Philosophie im Kapitel "Alles ist Schwingung/Energie" (S. 79/80) verwischen, was ein trügerisches Bild im Kopfe eines psychisch labilen Lesers erscheinen lassen kann:

Energie kann nicht zum Verschwinden gebracht werden. [...] Schauen wir, was geschieht, wenn einem Körper Energie zugeführt wird. Die Schwingung (Frequenz) dieses Körpers erhöht sich und das heisst: der Zustand des Körpers verändert sich. Aus einem Eisklumpen wird Wasser. [...] Und was für Eis gilt, das gilt folglich auch für den Menschen. Wenn es einem Menschen gelingt, seine Schwingung beträchtlich zu erhöhen, dann kommt logischerweise der Moment, wo er unsichtbar wird.
Hier wird das physikalische Axiom "Energie kann nicht verschwinden, sondern nur in andere Energieformen umgewandelt werden" ziemlich absurd und vollkommen Fern jeglicher Realität fehlinterpretiert.

Viel mehr sollte man sich an den Glaubenslehren der Indianer festhalten können: Der Mensch kann durch sein Schaffen spirituelle Energie umwandeln und für andere auch nach seinem Tod nutzbar machen. Stellt zum Beispiel ein Arbeiter ein Werkzeug für die Jagd her, welches auch nach seinem Tode noch genutzt wird, so wird er indirekt in den Herzen und Köpfen derer weiterleben, die sein Schaffen zu nutzen wissen.

Während des Lesens stellte ich mir immerwährend die Frage, zu welchem Zwecke denn solch eindeutige Stellungen bezogen wurden. Grundsätzlich erschienen mir zwei Thesen am leichtesten nachvollziehbar:

1. Ein Buch für alle

Das Buch ist für unerfahrene, unbelehrte oder unbelesene Menschen geschrieben, was Sätze wie folgender zur östlichen Philosophie in der Einleitung II (S. 12) heraushorchen lässt:

[...] Mir scheint nicht, dass viele dieser Lehren für eine Elite sind. Es kann aber nicht das Ziel sein, dass nur eine kleine Elite zu aussergewöhnlichen Einsichten und zur optimalen Lösung ihrer Probleme gelangt.
Mit den von mir in diesem Absatz kritisierten überspitzten Äusserungen soll eventuell für jederman verständlich die LOLA-Philosophie publiziert werden. Mir sagt eindeutig die subtilere Propagierung Friedrich Nietzsches mehr zu. Ob der Autor sich zu den unerfahrenen, unbelehrten oder unbelesenen Menschen zählen muss, kann und will ich nicht entscheiden.
2. Relativierung des Gegenpols

Wir kennen es von unserer demokratischen Gesellschaft, dass Extremitäten nur mit ihren absoluten Gegensätzlichkeiten aufgehoben werden können: Die Rechtsradikalen würden ohne die Linksliberalen ein ziemlich tristes Dasein fristen müssen.

Eventuell will Herr Egli das abgestumpfte, eingependelte, ja gar archaisch stagnierte Denken unserer westlichen Gesellschaft mit seiner Radikalen Denkensweise zur Relativierung und so zu einem Kompromiss beflügeln.

Mir erscheint jedoch die Gefahr nahe zu liegen, dass viele Leute zu leichtsinnig an den Zeilen festhalten und jene genauso brachial umsetzen wollen. Solche Zeitgenossen werden von Egli auf eine Wanderung über sehr dünnes Eis geschickt. Denken ohne zu lernen ist töricht, lernen ohne zu denken ist gefährlich. Viele Menschen sind halt leider trotzdem aufgrund ihrer geistigen Grenzen diesem Zitat aus der Feder Laotses, ein chinesischer Gelehrter, unterworfen.
2.4 Produktiver Nihilismus
Die Urform des Nihilismus gipfelt in einer einzig als Wahr annehmbaren Lösung: Dem Freitod. Mit dem Schaffen von Friedrich Nietzsche wurde jedoch ein sehr interessanter Aspekt eingebracht, der, später subtil aber stark in den Dramen von Albert Camus eingeflossen, durchwegs als produktiver Nihilismus angesehen werden kann: Der Weg zum Übermenschen.

René Egli propagiert stets diesen Weg zum Übermenschen. Natürlich nicht in dieser Verbissenheit, wie Nietzsche es zum Beispiel in "Also sprach Zarathustra" und Albert Camus in "Der Belagerungszustand" ("L'État de Siège") vorgelegt hat. Doch sind Parallelen verspürbar, die gleichzeitig fehlende Nietzsche-Zitate vermissen lassen. Der verschwommen dargelegte Weg zum Übermenschen wird in folgender Aussage (S. 62) am ehesten nachvollziehbar:

Es liegt an ihnen, ob Sie sich zu einem machtlosen oder einem machtvollen Menschen machen wollen.
Der Übermensch soll zeitgemäss der wirtschaftlichen Lage erhaben sein. Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" gilt als das am meisten missverstandene Werk des deutschen Philosophen - Mitunter hat es darum als Grundlage für die ethnischen Säuberungen der Nazis unter der Herrschaft Adolf Hitlers gedient. Die Chancen sind bei Eglis Übermenschen nicht gleichgross, so dass man sich Sorgen um ein Missverständnis mit tödlichen Folgen machen müsste.

Ganz offensichtlich predigt René Egli in seinem LOLA-Prinzip den ökonomisch wertvollen, wirtschaftlich erfolgreichen Nihilismus der Neuzeit. Der Nihilismus kann auf zwei Ebenen betrachtet werden (siehe Bertelsmann-Lexikothek): Der emotionale und der politische Nihilismus. Politischer Nihilismus ist in seinen Grundzügen mit dem Kommunismus zu vergleichen. So liegt es nahe, dass sich Herr Egli in zwei Beispielen auf jene Staatsform bezieht (S. 64):

Karl Marx war der Meinung, man müsse die Gesellschaft ändern, damit sich endlich der Mensch verändere.
Diese Aussage zeugt nicht von einer sonderlichen tiefgründigen Analyse der kommunistischen Lehren Marx'. Karl Marx war ganz offensichtlich von seiner Idee so besessen, dass er sie schnellstmöglich in die Tat umsetzen wollte. Der Prozess zur gewaltlosen Anarchie hätte auf subtilste Weise über Jahre hinweg praktiziert werden müssen, und nach vielleicht frühestens drei Generationen hätte man das egozentrische Denken der Initiators-Generation ablegen können. Kein Wunder also, dass die in die "verdorbene" Welt hineingeborenen drei Generationen unter dem starken Sinneswandel hätten leiden müssen. Die Ur-Enkel jedoch wären ohne Vorurteile gegenüber des neuen Systems auf die Welt gekommen, und hätten sich mit dem Geschehen anfreunden können.

René Egli betrachtet die scheinbar utopische kommunistische Lebensweise als reine Staatsform. Vielmehr war dieser Gedanke jedoch als Philosophie gedacht worden. Betrachtet man den Kommunismus als philosophische Grundlage für das Zusammenleben des Menschen, so hat man eine augenfällige Analogie zum LOLA-Prinzip. Egli widerspricht sich also selber: Er spricht gegen das LOLA-Prinzip, oder wenigstens einen Teil davon, wenn er gegen den Kommunismus von Marx spricht.

2.5 Das Unterbewusstsein und das Bewusstsein
Zuwenig, zu unspezifisch und zu unwissenschaftlich wird eine Trennung zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein, zwischen Instinktnatur und stoischer Logik, wie es C. G. Jung in seinen Niederschriften über den Menschen ausführte, umschrieben.

Diese fehlende Definition ist gefährlich, weil sehr viele Aussagen missverstanden und unweigerlich extremistisch interpretiert und umgesetzt werden könnten. Egli zieht Beispiele heran, ohne vorher klar zwischen dem Ich und dem Es zu unterscheien.

Egli scheint kein grosser Fan von Sigmund Freud oder Carl Gustav Jung zu sein, da er sich zu diesem Thema ausspricht (S. 47), ohne historisch anerkannte und dementsprechend wichtige Theorien der beiden Psychonalythiker zu untermauern oder auf ihnen aufzubauen:

Die Wahrheit ist eingach; wer einfache Dinge kompliziert macht, ist ein Narr, weil er sich selbst seiner Entwicklung blockiert.
Jung umschreibt diese Tragödie wie folgt (Gesammelte Werke Band 10, S. 558):
Die Trennung von seiner Instinktnatur führt den zivilisierten Menschen unweigerlich in den Konflikt zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, Geist und Natur, Wissen und Glauben hinein, [...]
René Egli spricht sich quasi gegen das Axiom Jungs aus. Es lässt sich nun darüber streiten, ob Egli nur (mal wieder) hart und ehrlich seine Aussage im Gegensatz zur analogen von C.G. Jung auf den Punkt gebracht hat: Für Egli ist die Dualität des Menschen eine Thorheit - Für Jung ein innerer Konflikt, endend in einer Ohnmacht.

Im Kapitel "Das Prinzip des freien Willens" (S. 68) wird ein eine Aussage getroffen, die viele grosse Philosophen und Denker vergangener Jahrhunderte sich im Grabe drehen liesse:

Der Mensch, jeder Mensch, ist ausgestatte mit einem freien Willen.
Das Fatum der Stoiker liess für Willensfreiheit keinen Raum. So ist jeder Mensch gewissen (natürlichen) Trieben und (zivilisierten) Zwängen unterworfen. Keine Aussage wird ohne Grund getroffen, wie Sigmund Freud in seinen Abhandlungen zur Psychopathologie im Alltag publiziert (Phillex.de zum Thema "Freiheit"): Dem harten Determinismus zufolge haben die eigenen Entscheidungen Einfluss auf zukünftige Ereignisse, sofern sie diese mitverursachen. Die Entscheidungen sind jedoch durch vorausgegangene Ursachen (physiologischer, mentaler oder soziologischer Art) bestimmt. Im Gegensatz zum Fatalismus akzeptiert der harte Determinismus, dass die Vergangenheit anders hätte verlaufen können und dass Gegenwart und Zukunft anders aussähen, wenn die Vergangenheit anders verlaufen wäre. Aber durch die aus der Vergangenheit gegebenen faktischen Umstände sind Gegenwart und Zukunft eindeutig festgelegt. Daraus schliesst der harte Determinismus, dass die menschlichen Handlungen zwar nicht schicksalsbestimmt seien, aber die Rede von der freien Wahl dennoch eine Illusion sei.

Es lässt sich somit streiten, ob eine absolute Willensfreiheit existent ist, oder in Eglis Buch nur mal wieder überspitzt als Wink mit einem ziemlich grossen und schweren Zaunpfahl gedeutet werden muss.

2.6 Die Ohnmacht des Menschen
Folgende Aussage (S. 37) ist ein sehr interessantes Beispiel, das die Grenzen des menschlichen Seins aufs härteste verurteilt:
Wir sind immer nur das Opfer unseres eigenen Denkens. Unsere Macht ist so gross, dass wir uns zu machtlosen Opfern machen können, wenn wir wollen.
Die Grundzüge dieser Aussage, der Mensch sei unvollkommen und durch sich selber aufs äusserste gehemmt, passen ohne Zweifel in mein aktuelles Weltbild. Auch streben viele Marionetten unserer göttlichen Komödie den schwerelosen Zustand der Unfähigkeit und die daraus resultierenden Unschuld an. Es wird jedoch ausser Acht gelassen, dass dem menschlichen Denken und Handeln einfach natürgemäss scheinbar unüberwindliche Grenzen gesetzt sind; wir wollen uns manchmal nicht zu Opfern machen - Wir tun es aber trotzdem: Wir sind die Opfer (Bewusstsein) unseres Opferwerdens (Unterbewusstsein).

Noch deutlicher wird sein Standpunkt im Kapitel "Die Unfähigkeit, selbstständig und logisch zu denken" (S. 54):

Womit wir uns hier befassen, ist das innere Wachstum des Menschen. Dies ist zweifellos der grösste Wachstumsmarkt, den man sich vorstellen kann [...], weil es im menschlichen Bereich keine Grenzen des Wachtums gibt.
Es wird aber im gesamten Kapitel nicht direkt darauf eingegangen, welches "innere Wachstum", das Unterbewusstsein oder das Bewusstsein, im Mittelpunkt seiner spezifischen Aussage steht.
2.7 Zufall oder Absicht des Unterbewusstseins
Eine sehr prägnante und sicher für viele anstössige Aussage wird in Kapitel "Die Ratio/Die Analyse" (S. 49) gefällt:
Wirklich überragende Erfolge basieren äusserst selten auf rein rationalen Überlegungen.
Mir fehlt eindeutig die weiter ausführende Definition, was alles zu diesen "Überlegungen" kumuliert werden muss: Gelten aus Erfahrungen gewonnene emotional-logisch transparente Vorgänge des Unterbewusstseins auch dazu?

Wie auch immer dies Definition vom Initiator gedacht wurde, so ist sie mir zu fixiert. Es scheint, als sei mit dem Inszenieren dieser Aussage ein unbieg- oder -brechbares Urteil gefällt worden. So wäre es genauso schwachsinnig, die genaue Inversion des Satzes unters Volk zu bringen ("Wirklich überragende Erfolge basieren äusserst selten auf rein emotionalen Überlegungen."). Auch wenn ich mich ab und an gegen die von Jung gern genutzte Relativierung ausgesprochen habe, so halte ich sie hier für gut oder wenigstens besser platziert. Nur Statistiken könnten Klarheit verschaffen, doch sollte man aus ihnen resultierend keine Entscheidungsinitalisierungsvektoren anpassen.

2.8 Theorie und Praxis
Herr Egli äussert sich sehr provokativ gegen sämtliche theoretischen Vorgänge im Kapitel "Die Unfähigkeit, selbstständig und logisch zu denken" (S. 59):
Das einzige, das zählt, ist die Praxis.
Viel zu markant und extremistisch scheint mir diese Aussage. Eher bin ich dem Mittelweg zugeneigt, der sich in der Aussage wiederspiegelt, dass eine sich in der Praxis bewährte Theorie am meisten Früchte tragen kann.

Noch einen Schritt weiter würde ich gar gehen: Es ist möglich einen Gedanken in der Theorie so brilliant reifen zu lassen, dass sich jegliche Praxis erübrigt. Der Ökonom wird mir eventuell zustimmen, denn enorm schnell und effizient lassen sich so manche Ideen abhandeln.

Eine eindeutig einseitige Aussprache gegen das Theorisieren wird einige Seiten folgendermassen wiedergegeben (S. 61):

[...] Entweder wir tun es, dann sehen wir die Resultate, oder wir tun es nicht, dann hilft uns auch das Theorisieren darüber nichts.
Der von Trieben geführte Logiker in mir spricht sich gegen diese Worte folgendermassen aus: Aus einer gesunden und nahrhaften Theorie soll eine ebensolch produktive Praxis herausgehen. Ist die Theorie offensichtlich schon bei ihrem Durchdenken von negativer Energie durchtrieben, erübrigt es sich, eine solche in die grausame Tat umzusetzen. Ohne die Theorie gäbe es keine Grundsätze, und ohne Grundsätze muss bei jeder Handlung und bei jedem Gespräch das Rad neu erfunden werden. So wird die Menschheit weder emotional noch wissenschaftlich erhobenen Hauptes der Zukunft entgegenschreiten können.
3 Fazit
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Workshops René Eglis in unserer gottlosen Welt sehr guten Anklang finden.

Ich muss jedoch gestehen, dass ich von seiner Niederschrift ziemlich enttäuscht bin, denn keine Neuerungen warin darin zu finden: Seine auf die Wirtschaft ausgelegte buddhistischen Lehren können umfassender in diversen anderen Büchern nachgelesen werden; seine nihilistische Umkehrung der Werte ebenso.

Schlussendlich ist das Buch für mich ein einführender Mix verschiedenster alteingesessenen Philosophien mit fehlendem Tiefgang. Wem Nietzsche zu verworren, Kopp zu religiös und Jung zu langwierig ist, der wird ein leichtes Buch finden, dass lediglich an der Oberfläche eines hochkomplexen Themas zu kratzen vermag.

Trotzdem, oder gerade deswegen ist das Buch angenehm zu lesen. Die Strukturierung und Gedankengänge sind grösstenteils klar und verständlich. Viele Ansätze sind in ihren Grundzügen achtenswert und wurden auf nährhaftem Boden gepflanzt. Es liegt jedoch am Leser, diesem Boden Wasser zuzuführen, um sich einer wunderschönen Blüte erfreuen zu können.

Ich werde das Schaffen voraussichtlich in einigen Jahren nocheinmal lesen. Vielleicht werde ich merken, dass ich mit dieser vorliegenden Analyse richtig stets richtig gelegen habe. Und doch trägt mich gleichzeitig die Hoffnung, dass ich mich einer Täuschung unterworfen habe.